Evakuierung aus Kabul: Afghanistan: Scholz zeigt Verständnis für Seehofers Bedenken

„Ich bin Olaf Scholz, 66 Jahre alt, Rechtsanwalt und gegenwärtig über das Bundeskanzleramt zu erreichen.“ Als Zeuge sagt der Kanzler, mit der Evakuierung aus Kabul habe er nur am Rande zu tun gehabt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat als Zeuge im Afghanistan-Untersuchungsausschuss des Bundestages den früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in Schutz genommen. Auf eine entsprechende Frage des Ausschussvorsitzenden Ralf Stegner (SPD) antwortet Scholz, er habe bei den Gesprächen über die Aufnahme afghanischer Ortskräfte in Deutschland damals den Eindruck gehabt, dass Seehofers Beharren auf einem geregelten Verfahren sicherheitspolitisch und nicht innenpolitisch motiviert gewesen sei. Es sei darum gegangen, „wie kann man vermeiden, dass die falschen Leute nach Deutschland kommen“. 

Einsatz in Afghanistan sei berechtigt gewesen

Der Ausschuss soll die Umstände der hektischen deutschen Evakuierung aus Kabul im August 2021 und die Entscheidungswege mit Blick auf die Aufnahme afghanischer Ortskräfte untersuchen. Scholz war damals Bundesfinanzminister im Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Das Finanzministerium sei bei den Überlegungen zur deutschen Afghanistan-Politik „kein zentraler Akteur“ gewesen, sagt Scholz. 

Der Militäreinsatz nach den Terroranschlägen in den USA am 11. September 2001 sei aus seiner Sicht „sehr berechtigt“ gewesen. Es sei auch richtig gewesen, die USA dabei zu unterstützen. Im Nachhinein müsse man sich aber fragen, ob es besser gewesen wäre, früher über ein Ende dieses Einsatzes in Afghanistan zu diskutieren. Mit Blick auf die Machtübernahme durch die islamistischen Taliban 2021 sagt Scholz, Demokratisierungsprozesse müssten auch „aus dem Land heraus getragen werden“.

AKK fand Ortskräfte-Aufnahme zu komplex und zu langsam

Vor ihm hat der Ausschuss die frühere Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) vernommen. Sie äußerte ihr Bedauern über Verzögerungen bei der Aufnahme früherer Ortskräfte der Bundeswehr. Im April 2021 sei klar geworden, dass angesichts der Verschlechterung der Sicherheitslage und der latenten Bedrohung für die Ortskräfte „der eingeübte Prozess einfach zu komplex und zu langsam“ gewesen sei. 

Sie selbst, Seehofer, der damalige Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Ex-Außenminister Heiko Maas (SPD) hätten dazu teils unterschiedliche Auffassungen vertreten. Dabei habe wohl auch eine Rolle gespielt, dass 2021 ein Wahljahr mit einer öffentlichen Debatte über Migrations- und Flüchtlingspolitik gewesen sei, glaubt Kramp-Karrenbauer.