Für Obdachlose ist das Leben auf der Straße vor allem im Winter lebensbedrohlich. Die Berliner Kältebusse helfen und das schon seit drei Jahrzehnten.
Zum 30-jährigen Bestehen des Kältebusses der Berliner Stadtmission hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Suppe an Obdachlose verteilt. „Wer möchte Gulasch?“, fragt er gut gelaunt in blauer Schürze mit aufgedrucktem Herz. Rund 100 Bedürftige nahmen vor dem Berliner Hauptbahnhof die warme Mahlzeit entgegen.
Im Jahr 1994 rollte der Kältebus das erste Mal durch Berlin. Auslöser war der Tod eines Obdachlosen, der auf der Straße erfror. Damals war der Bus nur sonntags bis donnerstags unterwegs und fuhr erst ab Temperaturen, die unter drei Grad lagen. „Jetzt sind wir bei drei Bussen, die regelmäßig jede Nacht fahren“, sagt Karen Holzinger, eine der Initiatorinnen.
Nicht allen Menschen kann geholfen werden
Die Kältebusse der Stadtmission sind zwischen dem 1. November und dem 31. März unterwegs. Sie bieten heiße Getränke und Schlafsäcke an und fahren Wohnungslose, wenn sie es wünschen, in eine Notunterkunft.
Trotzdem könne nicht allen geholfen werden, sagt Initiator Uli Neugebauer. Das betreffe vor allem Menschen, die im Rollstuhl säßen. Die Busse seien rollstuhlgerecht, passende Unterkünfte gebe es aber kaum. „Wir haben jetzt schon in dieser Saison zehn Leute gehabt, die wir nicht versorgen konnten, was natürlich bitter ist“, ergänzt Holzinger. In diesen Fällen bliebe den Mitarbeitern nichts anderes üblich, als die Menschen mit einer Decke und einem heißen Getränk zu versorgen.
„Ich muss jeden Tag schnorren gehen.“
Auf der Straße zu überleben, sei von Jahr zu Jahr herausfordernder, sagt Andreas, der seit drei Jahren obdachlos ist. Die Menschen würden weniger Geld geben als früher. „Letztes Jahr konnte ich prima überleben.“ Dieses Jahr sei es schwer. „Ich muss jeden Tag schnorren gehen.“
Zwei Bekannte von ihm seien bereits an der Kälte gestorben. Er selbst wohne derzeit in einem besetzten Haus, dort gebe es kein warmes Wasser, aber eine Heizung. Das Ziel der Bundesregierung, Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 zu überwinden, hält er für illusorisch. „Da frage ich mich, wie?“ Ein Tagestreff, den er immer besucht habe, sei geschlossen worden und auch an Unterkünften fehle es. „Es braucht etwas Dauerhaftes“, fordert der 39-Jährige.
Im vergangenen Winter brachten die Kältebusse laut Stadtmission 1.580 Menschen ohne Obdach in eine warme und sichere Bleibe, hieß es weiter. Das waren 237 Menschen mehr als im Vorjahr. Für diesen Winter rechnet die Stadtmission mit einem weiteren Anstieg.