Wissing und Özdemir: Bekommen Doppelminister auch ein Doppelgehalt?

Volker Wissing und Cem Özedmir übernehmen Ministerämter zusätzlich zu ihren bisherigen. Bekommen die Doppelminister nun auch mehr Geld? Eine Staatsrechtlerin klärt auf.

Nach der Entlassung von Christian Lindner als Finanzminister sind auch Justizminister Marco Buschmann und Bildungsminsterin Bettina Stark-Watzinger von ihren Ämtern zurückgetreten. Da Verkehrsminister Volker Wissing zwar im Amt bleiben will, aber seinen Parteiaustritt erklärt hat, ist die FDP nun nicht mehr in der Bundesregierung vertreten. 

Die Nachfolge wurde zügig geregelt: Der SPD-Mann und Scholz-Vertraute Jörg Kukies wurde zum neuen Finanzminister ernannt (ein Porträt lesen Sie hier). Wissing übernimmt zusätzlich das Amt des Justizministers, der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir das Bildungsressort. Damit sind in der Noch-Regierung Scholz zwei Doppelminister im Kabinett. 

FS Neues Kabinett Scholz

Bekommen die Doppelminister Wissing und Özdemir nun auch doppelte Bezüge? 

Nein, erklärt Elke Gurlit, Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, auf stern-Anfrage. Grundsätzlich gelte: Zwei Amtsbezüge solle es nicht geben. Amtsgehalt, Ortszuschläge und Dienstaufwandsentschädigungen werden dem Bundesministergesetz zufolge für eine Bundesministerin oder einen Bundesminister nur einmal gezahlt, unabhängig von Ressortzuschnitt. 

Mussten die Ministerämter überhaupt neu besetzt werden? 

Der Zuschnitt der Ministerien liege in der Organisationsgewalt des Bundeskanzlers, erläutert Gurlit. Zwingend vorgeschrieben seien verfassungsrechtlich neben einem Verteidigungsminister nur ein Finanzminister und ein Justizminister. Daher mussten die letzteren Ämter auch zwingend nachbesetzt und von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ernannt werden. Das Bildungsministerium hätte Scholz der Juristin zufolge auch unbesetzt lassen können. Das war wohl auch der Grund, warum Özdemir von Steinmeier anders als Volker Wissing keine zweite Ernennungsurkunde bekam und auch auf der Kabinettseite der Bundesregierung am Donnerstag nicht mit der Doppelfunktion aufgeführt war. Er hat die neuen Aufgaben ohne Urkunde kommissarisch übernommen. 

STERN PAID Linder NEU Heft 23.20

Darf eine Person mehrere Ministerposten bekleiden? 

Ja, ebenso wie der Ressortzuschnitt liegt der Juristin zufolge auch die Übertragung mehrerer Geschäftsbereiche an eine Person im Rahmen der Organisationsgewalt des Bundeskanzlers. Übrigens kann auch der Bundeskanzler selbst zusätzlich zu seinem Amt als Regierungschef ein Ministerium übernehmen. Konrad Adenauer etwa war von 1951 bis 1955 zugleich Außenminister. Helmut Schmidt bekleidete im September 1982 ebenfalls kurz zusätzlich zu seiner Kanzlerschaft das Amt des Außenministers. Damals war seine Regierung ebenfalls nach einem Rücktritt sämtlicher FDP-Minister auseinander gebrochen. Zwei Wochen später endete Schmidts Kanzlerschaft nach einem Misstrauensvotum im Bundestag.