Tierischer Trend: Rinderwahn in der Modewelt? Warum Kuhfell jetzt angesagt ist

Nach dem Hype um Leo hat die Modewelt ein neues Tiermuster zum Trend erkoren: Kuhfell. Statt auf Bauernhöfen sieht man es nun immer öfter auf den Laufstegen. 

Strahlend blauer Himmel, Felsen und vertrocknete Sträucher: Die Kulisse der Louis Vuitton-Show für den Herbst 2024 versetzte die Gäste direkt in den Wilden Westen. Dafür hatte Kreativchef Pharrell Williams gesorgt, als er in Paris seine von Cowboys inspirierte Kollektion vorstellte. Seine Models trugen nicht nur Westernstiefel und reich verzierte Wildlederkutten, sondern auch Jacken und Hemden mit Kuhfleck-Design. Mal waren auch sie in Braun und Weiß gehalten, mal abstrakt verpixelt in Grau, Orange und Grün. Dabei schritten die Models selbstbewusst durch die Reihen des Publikums, als könnten sie jeden Moment auf ein Pferd springen und in den Sonnenuntergang galoppieren.

Kuhfell läutet das Ende des „Quiet Luxury“-Modetrends ein

In der Modewelt zeigen aktuell zahlreiche Marken, wie vielseitig Kuhfelle aussehen können. Bei Dior ziert es weiche Felljacken, bei Cos, dem Schwesterlabel von H&M, hängen jetzt Mäntel mit großflächigem Muster in den Läden. Auch das Schweizer Luxuslabel Bally, von Haus aus naturverbunden, setzt in diesem Herbst auf den Kuh-Hype. Zwar sieht man in der Kollektion kein Fleckenmuster, doch erinnert die bauchige Form vieler Kleider und Röcke an die von Kuhglocken. Sogar an manchen Schuhen und Taschen baumeln kleine silberne Schellen. Als wären die Straßen saftige Alpenwiesen, schreiten nun Modefans mit klirrenden Accessoires umher. Dass man ihr Geläut bereits von Weitem hört, dürfte nun endgültig das Ende des „Quiet Luxury“-Trends einläuten. Grob gefleckt: Bei Cos lief ein Model mit puscheligem Kuhfell-Mantel über den Laufsteg
© Zeppelin Avalon

Dafür sorgen auch Influencerinnen, die sich bei Instagram und TikTok mit ihren neusten Kuh-Styles inszenieren. So wie die dänische Bloggerin Emili Sindlev oder die Britin Agnes Pusztai, die sich bei Instagram „WhatGigiWears“ nennt. Gleich auf mehreren Bildern zeigt sie sich in Mode mit dem großflächigen Muster. Auf einem Bild sitzt sie mit einer gefleckten Jacke am Straßenrand, dazu schreibt sie, völlig unironisch: „Animal prints for fall…groundbreaking“, was übersetzt heißt: „Animal Prints für den Herbst… bahnbrechend“.

Dass die Modewelt einem regelrechten Rinderwahn verfallen ist, hängt zum einen mit dem Hype um Animal Prints zusammen. Im Windschatten von Leopard, Zebra und Tiger wird nun auch das Kuhfell gehypt. Es ist zwar weniger exotisch, doch verstehen es Modekritiker bereits als Antithese zum ewig Schick und Schönen. 

Neu ist der Trend aber nicht: Das Fleckenmuster tauchte bereits in den 1960er Jahren auf, damals nutzte es die Hippie-Bewegung für sich. In den 1980ern adaptierte es die Punk-Szene und trug es, ähnlich wie das Karo- und Leomuster, als Rebellion gegen das Establishment. Erst um die Jahrtausendwende schaffte es das Kuhfell in die Mainstream-Mode. Damals brachten Designer wie Tom Ford, ehemaliger Kreativchef von Gucci, und Roberto Cavalli das rustikale Muster auf den Laufsteg und nahmen ihm so jeglichen Bauernhof-Mief. Zwar war Cavalli bekannt für seine exotische Schlangen- und Leopardendrucke, doch gegen das Fell des Nutztieres hatte er nichts einzuwenden. Zu gern sagt er zu Lebzeiten: „Ich kopiere das Kleid eines Tieres, weil ich es liebe, Gott zu kopieren. Ich denke, Gott ist der fantastischste aller Designer.“

Danach tauchte der Cow-Print, wie man den Trend im Englischen nennt, auch in Hollywood auf. In der Erfolgsserie „Friends“ trug ihn Schauspielerin Jennifer Aniston, in „Die Nanny“ Fran Drescher. Sogar die Designwelt begeisterte sich für das Muster. So gibt es Designerstücke wie etwa die Liege von Le Corbusier längst auch mit Kuhfellmuster. 

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Großen Einfluss auf den Trend dürfte aber wohl auch die Cowboy-Welle haben, die derzeit aus den USA zu uns schwappt. Angelehnt an die US-Wahlen spielen viele Designer und Künstlerinnen mit ur-amerikanischen Werten. So auch Beyoncé. Die US-Sängerin lenkt mit ihrem Album „Cowboy Carter“ und ihrem Hit „Texas hold’ em“ den Blick darauf, dass es nicht nur weiße Cowboys gab, sondern auch schwarze. Für viele ihrer Fans sind Präriehüte und Western-Styles deshalb nicht nur ein reiner Modetrend, sondern auch ein Zeichen gegen Rassismus. 

Wie lange sich die Fleckendrucke in der Mode halten werden, bleibt allerdings abzuwarten. Sicherlich wird es nicht der letzte Animal-Print sein, der zum Trend hochgelobt wird. Dem Kuhfell dürfte es egal sein: Es ist eben robust und hart im Nehmen.