Die Gießener Landrätin Anita Schneider warnt nach ihrer Wahl vor einer akuten Finanzkrise der Kreise: immer mehr Geld für soziale Sicherung, immer weniger Geld für eigenen Handlungsspielraum.
Der Hessische Landkreistag wird erstmals in seiner Geschichte von einer Frau geführt. Der Spitzenverband der 21 hessischen Landkreise wählte die Landrätin des Kreises Gießen, Anita Schneider (SPD), zur neuen Präsidentin. Gleichzeitig übernimmt sie das Amt der Vizepräsidentin des Deutschen Landkreistages, wie der Verband mitteilte.
Schneider warnte vor einer „akut bevorstehenden Haushaltsnotlage der Landkreise“. Als Gründe nannte sie eine zunehmende Ausgabenflut, da trotz eines fehlenden gesamtwirtschaftlichen Wachstums „weiterhin Aufgaben auf die Kommunen übertragen und Leistungsansprüche des Staates ausgeweitet werden“. Den Landkreisen fehle vor allem wegen „enormer Transferleistungen in die soziale Sicherung“ jeglicher Handlungsspielraum. Die festen Ausgabenverpflichtungen seien durch die von den kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu erhebenden Kreisumlagen nicht mehr zu decken, da diese selbst notleidend seien.
Reserven bald aufgebraucht
Die hessischen Landkreise werden Schneider zufolge zum Ende dieses Jahres flächendeckend ihre Liquiditätsreserven aufgebraucht haben, weil hessenweit ein Finanzdefizit von rund einer halben Milliarde Euro drohe. Der Haushaltsausgleich werde für die allermeisten Landkreise unerreichbar. Man blicke daher mit Sorge auf 2025 und die kommenden Jahre.
Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) bezeichnete in seiner Festrede bei der Jahrestagung des Verbands in Wiesbaden die Kommunen als „Stabilitätsanker unseres Gemeinwesens“. Die hessische Landesregierung habe es sich fest vorgenommen, die Selbstverwaltung und die Handlungsfähigkeit der Kommunen zu stärken. „Aus diesem Grund werden wir auch eine Reform des Kommunalrechts in den nächsten Wochen auf den Weg bringen“, kündigte er an.