Der ausdauernde Regen in den vergangenen Monaten hat den Wäldern in Niedersachsen nur ein bisschen Entlastung gebracht. Ihr Zustand macht Forstexperten nach wie vor Sorgen.
Das regenreiche Jahr 2024 hat den Wäldern in Niedersachsen nach den extrem trockenen Vorjahren nur leichte Besserung gebracht. Der Klimawandel setze ihnen nach wie vor zu, sagte Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) bei der Vorstellung des Waldzustandsberichts in Hannover: „Der Wald leidet verzögert an den Folgen des Extremwetters der Jahre 2018 bis 2023.“ Je nach Baumart seien die Reaktionen auf das feuchte Wetter sehr unterschiedlich.
Das vergangene Vegetationsjahr habe die höchsten Temperaturen und Niederschlagsmengen seit Beginn der Untersuchungen vor 40 Jahren aufgewiesen, hieß es. Das Schadniveau sei weiterhin hoch. Die Ausfallrate und der Anteil starker Schäden lägen in diesem Jahr doppelt so hoch wie im langjährigen Durchschnitt, hieß es.
Klimaschäden deutlich sichtbar
So bleibe die sogenannte Kronenverlichtung, die den sicht- und messbaren Nadel- oder Blattverlust der Baumkrone beschreibt, mit 21 Prozent auf dem hohen Niveau der Vorjahre, hieß es. Der Anteil stark geschädigter Bäume sank dem Bericht zufolge um 0,7 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent. Das sei immer noch doppelt so hoch wie im langjährigen Mittel.
Die Absterberate ist laut Waldzustandsbericht in diesem Jahr im Vorjahresvergleich leicht gestiegen. Mit 0,4 Prozent liege sie zwar deutlich unter dem Niveau der Dürrejahre 2019 bis 2022, sei aber doppelt so hoch wie das langjährige Mittel. Schließlich habe die feuchtwarme Witterung in der ersten Jahreshälfte 2024 die Ausbreitung von Pilzen begünstigt, die zu Erkrankungen verschiedener Baumarten führen können. Sorgen mache auch die Zunahme der Schädigung von Eichen durch den Eichenprachtkäfer, teils zusammen mit weiteren Pilzerkrankungen.
Verringerung der CO2-Emissionen
Obwohl der viele Regen die Waldbäume in diesem Jahr ausreichend mit Wasser versorgt habe, sei der Vitalitätszustand einiger Baumarten weiterhin schlecht, sagte Ulrike Talkner, Leiterin der Umweltkontrolle der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA). Um die Wälder besser auf den Klimawandel anzupassen, seien ein Umbau des Waldes weg von Monokulturen hin zu Mischbeständen wichtig.
Die Bestände müssten auch aus Baumarten zusammengesetzt sein, die gut an trockene Bedingungen angepasst seien. Allerdings verbessere der Waldumbau allein nicht den Zustand der Wälder, notwendig sei auch eine drastische Senkung der CO2-Emissionen, sagte Talkner.
Koordinierungsgruppe eingerichtet
Staudte sagte, dass sie in ihrem Ministerium eine eigene Koordinierungsgruppe eingerichtet habe, die zusammen mit der NW-FVA und den Landesforsten die Auswirkungen des Klimawandels auf das Waldökosystem aufarbeiten solle.
„Bäume, die heute noch gute Standortbedingungen haben, werden bei sich weiter veränderndem Wetter bald nicht mehr ausreichend gute Standortbedingungen haben“, sagte der Präsident des Waldbesitzerverbandes Niedersachsen, Philip von Oldershausen, laut einer Mitteilung. Der Waldzustandsbericht zeige deutlich, dass es ein größeres Spektrum an Baumarten in den Wäldern geben müsse. Auch müssten Baumarten in den Wäldern wachsen, die mit Stress und Extremwetter besser zurechtkommen.
Sachlicher Dialog gefordert
Allerdings kritisierte von Oldershausen die geplanten Änderungen des Bundeswaldgesetzes. Darin würden regionale Unterschiede nicht berücksichtigt. Detailkenntnisse über die Standortbedingungen hätten nur die regionalen Försterinnen und Förster. Er warnte vor „ideologischen Vorgaben“ und forderte einen sachlichen Dialog zur Gesetzesreform. „Wir brauchen weiterhin schneller wachsende Nadelhölzer, genauso wie Eichen und andere Laubhölzer aus dem In- und Ausland“, sagte von Oldershausen.