CDU-Politiker: Jens Spahn fällt Flaschendeckel-Vergleich auf die Füße

Mit einem prägnanten Beispiel wollte CDU-Politiker Jens Spahn eine angebliche Innovationsfeindlichkeit in Deutschland belegen. Das lassen ihm viele Menschen nicht durchgehen. 

Austeilen gegen die Ampel-Regierung war angesagt beim sogenannten Deutschlandtag der Jungen Union (JU) am Wochenende. Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn beteiligte sich daran fleißig – schoss dabei aber nach Ansicht vieler ein gewaltiges Eigentor.

„Während Elon Musk der Welt zeigt, dass eine Rakete sogar wieder rückwärts einparken kann, führen wir hier in der EU die Trinkflaschen ein, wo man jedes Mal beim Trinken irgendwie … Das ist unsere Innovation und die machen das Space Ship. Das ist der Unterschied im Denken“, ereiferte sich der Politiker auf der Bühne in Halle (Saale).

„Während Musk an Hochtechnologie feilt, kann man in Europa Deckel jetzt nicht mehr von Flaschen abmachen“, fasste die JU Spahns Aussage später bei X (vormals Twitter) zusammen.

Twitter

Worauf sich beide beziehen: Auf die sogenannten Tethered Caps, die Verschlüsse von Einwegplastikflaschen und Getränkekartons, die sich nicht mehr ohne weiteres entfernen lassen, die seit dem vergangenen Jahr Usus und seit diesem Jahr Pflicht sind. Sie sind für Jens Spahn offenbar der Beleg für ein innovationsfeindliches Klima in Deutschland.

Jens Spahn war selbst an Flaschendeckel-Verordnung beteiligt

In der Tat zeigen sich im Alltag viele Menschen von den Deckeln genervt – aber die Erfahrung zeigt auch: Einem Menschen ist das Trinken aus den betroffenen Flaschen und Kartons ohne große Schwierigkeiten möglich, im Zweifel können die Deckel zudem mit einem beherzten Ruck abgerissen werden (oder einfach Mehrwegverpackungen gekauft werden). Ex-Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang fasste es bei X so zusammen: „Das Lustige ist: Ich finde diese Deckel auch komplett nervig. Aber ich hatte irgendwie noch nie das Bedürfnis, meine eigene Alltags-Bräsigkeit zur politischen Schicksalsfrage dieses Landes zu erklären.“

Letztlich ist es aber etwas völlig anderes, weshalb sich Jens Spahn Kritik ausgesetzt sieht. Die befestigten Flaschendeckel gehen auf die EU-Richtlinie 2019/904 zurück – und sind eine Innovation zu Vermeidung von Plastikmüll, der unter anderem die Weltmeere bedroht.

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In deutsches Recht gegossen wurde die Verordnung am 10. Februar 2021. Seinerzeit hatte die Bundesregierung die Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung beschlossen. Und die sieht vor: „Getränkebehälter, (…) die Einwegkunststoffprodukte sind und deren Verschlüsse oder Deckel ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehen, dürfen ab dem 3. Juli 2024 nur in Verkehr gebracht werden, wenn die Verschlüsse oder Deckel während der vorgesehenen Verwendungsdauer am Behälter befestigt bleiben.“

Mit am Kabinettstisch von Bundeskanzlerin Angela Merkel saß zu dieser Zeit ihr Gesundheitsminister: Jens Spahn. Der Bundestag stimmte der Verordnung am 25. März 2021 zu – mit den Stimmen von CDU und CSU.

Entsprechend barsch fallen mitunter die Reaktionen in den sozialen Netzwerken auf Spahns Ausführungen aus. Sie reichen von einem schlichten „Unseriös“ über „Billigster Populismus“ bis hin zu „Beschluss-Demenz“.

Der Flaschendeckel-Vergleich auf dem Deutschlandtag des CDU-Nachwuchses war nicht die einzige umstrittene Äußerung von Jens Spahn. Wie der stern berichtete, sorgte er zudem durch einen NS-Vergleich für Aufregung.

Quellen: Junge Union, Ricarda Lang, EU-Richtlinie 2019/904, Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung, Bundesregierung, Bundestag