Rund fünf Wochen nach der Landtagswahl in Brandenburg haben SPD und BSW weitere Weichen für eine mögliche Regierungsbildung gestellt. Nach mehrwöchigen Sondierungsgesprächen empfahlen die Verhandler beider Parteien ihren Landesvorständen am Montag die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen, wie Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und BSW-Spitzenkandidat Robert Crumbach in Potsdam sagten. Sollten die am Montagabend tagenden Parteigremien dem zustimmen, könnten die Koalitionsgespräche in der kommenden Woche beginnen.
Seit knapp vier Wochen loten die SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Brandenburg eine mögliche Zusammenarbeit aus. Sowohl Woidke als auch Crumbach zeigten sich zuversichtlich, dass die Spitzen von SPD und BSW grünes Licht für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen geben werden. Die bisherigen Gespräche seien vertrauensvoll gewesen. „Das Vertrauen ist gewachsen in den letzten vier Wochen“, sagte der Ministerpräsident. Das gemeinsam erarbeitete Sondierungspapier bilde die „Basis“, um in Koalitionsgespräche zu gehen.
Crumbach sieht „erhebliche Schnittmengen“ zwischen SPD und BSW etwa beim Thema Bildung, aber auch in anderen Punkten. Beim Thema Frieden liegen die beiden Parteien in Brandenburg offensichtlich nicht so weit auseinander, wie die Gesprächspartner in Thüringen und Sachsen. Vor allem in Thüringen sorgen die außen- und verteidigungspolitischen Forderungen des BSW derzeit für Verwerfungen in den Gesprächen mit CDU und SPD über eine denkbare Regierungszusammenarbeit.
In Brandenburg schrieben SPD und BSW nun die Forderung nach einer diplomatischen Lösung zur Beendigung des Ukraine-Krieges in ihr Sondierungspapier. Es gebe „eine gemeinsame Basis“ darin, dass alles getan werden solle, dass der Krieg in der Ukraine bald ende und eine Friedenslösung gefunden werde, sagte Woidke. In diesem Grundsatz seien sich beide Parteien trotz unterschiedlicher Meinungen im Detail einig.
Die BSW-Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht macht neben der Forderung nach mehr diplomatischen Bemühungen im Ukraine-Krieg auch ein Nein zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland zur Bedingung für mögliche Bündnisse in den Ländern und will dies auch in Koalitionsverträgen verankern.
Auf die Frage, wie Wagenknecht zu den Sondierungsergebnissen in Brandenburg stehe, sagte Crumbach, man habe sich mit der Parteispitze stets „eng und gut“ abgestimmt. Woidke verwies darauf, dass ein auszuhandelnder Koalitionsvertrag „noch einmal eine deutlich größere Aufgabe“ sei.
Vereinbart haben SPD und BSW auch die Einsetzung einer Enquetekommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie, die Crumbach zufolge auch Vorschläge für eine Amnestieregelung machen soll. Darauf hatte das BSW bestanden.
Die Sozialdemokraten hatten die Landtagswahl vom 22. September knapp vor der AfD gewonnen, sie haben aber nur begrenzte Koalitionsoptionen. In den Landtag zogen außerdem nur noch das BSW und die CDU ein. Es gebe „nur eine rechnerische Möglichkeit, eine stabile Regierungsmehrheit zu erreichen, wenn man nicht mit der AfD zusammenarbeiten will“, machte Woidke noch einmal klar. Die Brandenburger CDU hatte eine Beteiligung an einem Dreierbündnis ausgeschlossen.
Laut Brandenburger Verfassung muss spätestens drei Monate nach der Konstituierung des Landtags ein neuer Ministerpräsident gewählt werden. Der letztmögliche Termin wäre demnach der 16. Januar. Crumbach geht nach eigenen Angaben davon aus, dass eine neue Regierung bis dahin stehen wird. Die Frist solle möglichst nicht ausgereizt werden, sagte er.