Oper: Regisseur Kratzer startet fulminant in neuen Münchner „Ring“

Im kommenden Jahr wird Tobias Kratzer Intendant der Hamburgischen Staatsoper. Vorher beginnt er ein anderes Mammutprojekt in München – und legt einen fulminanten Start hin.

Blutig, brutal, aber auch leicht und lustig, unterhaltend und klug: Regisseur Tobias Kratzer inszeniert an der Bayerischen Staatsoper in München einen neuen „Ring des Nibelungen“ und hat mit dem „Rheingold“ einen ziemlich fulminanten ersten Teil hingelegt. 

Witz, nackte Haut und eine Ziege

Nach der Premiere gab es, neben dem ein oder anderen in München fast obligatorischen Buh, viel Applaus und Jubel für seine beeindruckende und stimmige Neuproduktion, die so ziemlich alles hat: Witz, nackte Haut, echte Tiere (eine Ziege und einen Hund) – und einen spannenden Blick auf Richard Wagners Mammutwerk.

Alles dreht sich um die Gretchenfrage

Denn Kratzer, der im kommenden Jahr Intendant der Hamburgischen Staatsoper wird, stellt nicht, wie es sonst oft der Fall ist, die menschliche (und göttliche) Gier in den Vordergrund, sondern gewissermaßen die Gretchenfrage: „Wie hast du’s mit der Religion?“

„Gott ist tot“ steht als Graffiti an einer alten Kirchenmauer, als die sich immer wieder – zum Beispiel in eine echte Ziege – verwandelnden Rheintöchter vom Zwerg Alberich (Markus Brück, mit der wohl mutigsten und teilweise komplett nackten Performance) um ihr Gold gebracht werden, und es wirkt wie eine Vorhersage, eine frühe Ankündigung der unvermeidlichen „Götterdämmerung“. 

Das Walhall, das Göttervater Wotan (hervorragend: Nicholas Brownlee) errichtet, ist keine Burg, sondern eine Kathedrale mit riesigem, goldenem Altar, in dem im eindrücklichen Schlussbild Wotan und seine Götterfamilie als ihre eigenen Abbilder erscheinen, zu Statuen erstarrt, auf Anbetung wartend.

Die Riesen Fasolt (Matthew Rose) und Fafner (Timo Riihonen), die Wotan beim Bau des Gotteshauses helfen, sehen aus wie katholische Priester, die zwar vor Wotan knien, aber eigentlich nur auf Profit aus sind, den Gott instrumentalisieren. 

Zweite Münchner Zusammenarbeit Kratzer-Jurowski

Erst im Frühjahr hatte Kratzer, dessen „Tannhäuser“-Inszenierung bei den Bayreuther Richard-Wagner-Festspielen seit Jahren bejubelt wird, mit einer bemerkenswerten und gefeierten Interpretation der „Passagierin“ sein Debüt an der Münchner Oper gegeben. Damals stand Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski am Pult – und das ist auch beim „Rheingold“ wieder der Fall. Auch Jurowski wurde nach der Premiere bejubelt.

Spielplan Bayerische Staatsoper