Sie sind niedlich und putzig, trotz stacheliger Schale. Aber für Igel werden die Lebensräume in Sachsen immer kleiner und die Nahrung weniger – immer mehr verletzte und kranke Tiere brauchen Hilfe.
Fehlende Nahrung und immer mehr menschengemachte Gefahren bringen die Igel in Sachsen in Bedrängnis. Der Bestand geht nach Beobachtung von Tierschützern seit Jahren stetig zurück. „Im Vergleich zu 1994 werden inzwischen 85 Prozent weniger Igel auf der Straße gefunden, obwohl der Verkehr zugenommen hat“, sagte Sven Möhring vom NABU Sachsen. Das zeige, wie dezimiert die Vorkommen dieser Kleinsäuger sind. „Es sieht eigentlich dramatisch aus.“
Ein Problem ist nach Angaben des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) der Rückgang von Siedlungsräumen, die Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten bieten, etwa durch Bodenversieglung und den Einsatz von Insektiziden. Auch der Straßenverkehr sowie Rotfuchs, Waschbär und freilaufende Hunde sorgten für erhebliche Verluste, „und Mähroboter“. Nicht zuletzt verschlechterte sich das Nahrungsangebot der Igel durch die Dürrejahre weiter.
Igel bisher nicht als gefährdet eingestuft
Noch gilt der Igel im Freistaat als nicht gefährdet, sagte eine LfULG-Sprecherin. In der aktuellen Roten Liste des Landes steht er als „ungefährdet“, im Bund auf der „Vorwarnliste“. Häufigkeiten von 0,5 Exemplaren pro Hektar wie Ende der 1980er Jahre sind eher selten, aktuelle Erfassungen aus neuerer Zeit gibt es nicht.
Funde verletzter Igel häufen sich im Herbst
Beim Verein Igelhilfe in Radebeul steht seit Wochen das Telefon nicht still, an der Station bilden sich seit September wieder Schlangen von Menschen, die Tiere gefunden haben. „Wir haben schon mehr als im ganzen Vorjahr“, sagte die Vorsitzende Karina Görner. Stand Mittwoch waren es 1.209 Tiere, viele davon abgemagert und Waisen, deren Mütter die Nester verlassen haben. „Das nimmt von Jahr zu Jahr zu, vor allem, weil Igel nicht mehr genug Nahrung finden.“ Auch aktuell fahre die Station am Limit, nur das Corona-Jahr 2020 war schlimmer, mit insgesamt 1.700 Tieren.
25 Ehrenamtliche nehmen dort täglich zig Fundtiere entgegen, päppeln sie auf oder beraten Menschen, die mit Igelfunden aus ihren Gärten kommen. „Es gibt erfolgreiche Rückführungen zu den Müttern an Orten, wo sie entdeckt wurden“, erzählt Görner. Die sind oft nicht leicht zu erkennen. Die stacheligen Bewohner sollten in eine Kiste gesetzt werden – und dann zur Igelhilfe.
Igelväter schon im Winterschlaf
Während die Igelmännchen schon im Winterschlaf sind, werden die Weibchen später erst aktiv, Nahrung dafür zu sammeln, was immer länger dauert, und lassen ihren Nachwuchs allein, berichtete Görner. In diesem Jahr muss sich die Igelstation mit insgesamt bis zu 60 Plätzen auch um besonders viele Tiere mit Beinverletzungen kümmern. „Die regulären Plätze sind alle belegt.“ Darüber hinaus werden permanent Pflegeeltern gesucht und auch Finder überzeugt. „Wir schauen uns die Tiere an und beraten, wie sie versorgt werden müssen, damit sie nach Hause zurück können.“
Die putzigen Vierbeiner mit Stachelkleid gibt es überall, wie viele landesweit, ist nicht bekannt. Sie bewohnen vorzugsweise Siedlungen und ihre Randbereiche, Gärten, Hecken, Gebüsche und Grünanlagen oder lichte Wälder. „Im Herbst, wenn die Jungen mobil und selbstständig werden, steigt die Zahl überfahrener Igel“, berichtete Möhring, dessen NABU-Gruppe ein Monitoring dazu macht. Sie würden bei Gartenarbeit übersehen, bis zum Boden reichende Zäune und hohe Bordsteinkanten sind Hindernisse – wie „Gärten des Grauens mit vielen Steinen und überpflegten Golfrasen“.