Regierungsbildung in Thüringen: Tauziehen bei CDU, BSW und SPD um Passus zur Friedensfrage

BSW-Chefin Wagenknecht hat einen Passus zu den friedenspolitischen Forderungen ihrer Partei zur Bedingung für Koalitionsverhandlungen gemacht. Ein schwieriges Projekt, wie sich in Thüringen zeigt.

CDU, BSW und SPD in Thüringen ringen um einen Kompromiss zu den friedenspolitischen Forderungen, die BSW-Chefin Sahra Wagenknecht zur Voraussetzung für den Start von Koalitionsverhandlungen gemacht hat. Die Spitzen der drei Parteien sind in dieser Woche mehrfach zu Gesprächen zusammengekommen, bestätigten Vertreter von CDU, BSW und SPD in Erfurt. Formulierungen zu finden, die die drei unterschiedlichen Parteien in der Präambel eines möglichen Koalitionsvertrages mittragen können, sei schwierig, hieß es. 

Ob und wann ein möglicher Kompromiss vorliegt, blieb zunächst offen. Thüringens SPD-Chef Georg Maier sagte MDR Thüringen, er würde gerne spätestens am kommenden Montag mit Koalitionsverhandlungen beginnen. Vertreter der beiden anderen Parteien äußerten sich auf Anfrage eher skeptisch zum Montag als Verhandlungsstart. 

Schwieriger Kompromiss-Passus 

Wagenknecht, aber auch der Thüringer BSW-Vorstand setzen sich unter anderem für mehr Diplomatie zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine statt Waffenlieferungen ein. Sollten die heiklen Gespräche zur Friedensfrage gelingen, könnte Thüringen in diesem Punkt eine Art Blaupause auch für die Regierungsbildung mit dem BSW in Sachsen und Brandenburg liefern. 

Der Thüringer Co-Landesvorsitzende des BSW, Steffen Schütz, hatte sich zu Wochenbeginn zuversichtlich geäußert, „dass wir eine Lösung finden, weil uns alle eint, dass wir die Sorgen und Nöte der Menschen ernst nehmen“. Es gebe die Chance einer Brombeer-Koalition in Thüringen – „wenn die Friedensformel in der Präambel klar und eindeutig ist“, hatte er der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Inzwischen soll es Formulierungsvorschläge für die Präambel-Passage nicht nur vom BSW, sondern auch gemeinsam von CDU und SPD geben. 

CDU-Ministerpräsident: „Mir sträuben sich die Nackenhaare“

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) warnt seine Partei in Thüringen und Sachsen, wo es auch um eine mögliche Brombeer-Koalition geht, vor zu vielen Kompromissen gegenüber dem BSW. Der Respekt gebiete es, den Christdemokraten vor Ort die Verhandlungen zu überlassen und nicht von der Seitenlinie aus zu kommentieren, sagte Günther dem „Spiegel“. Der CDU-Politiker fügte aber hinzu: „Mir sträuben sich die Nackenhaare, wenn ich mir vorstelle, dass die CDU am Ende einen Koalitionsvertrag mit einer Partei schließen könnte, die mit ihrer Haltung zu Europa, zur Nato und der Westbindung Deutschlands in einem krassen Widerspruch zu den fundamentalen Positionen der Union steht.“ 

Als mögliche Alternative brachte er eine Minderheitsregierung ins Spiel. Die CDU verfügt allerdings nur über 23 von 88 Sitzen im Landtag. Günther verwies auf die rot-rot-grüne Minderheitsregierung von Bodo Ramelow (Linken), die derzeit noch geschäftsführend im Amt ist. Sie habe seit 2020 mit der oppositionellen CDU-Landtagsfraktion immer wieder Kompromisse gesucht. „Und ich habe ja immer schon gesagt, dass man in einer solchen Situation nicht ausschließen sollte, auch mit der Linken Gespräche zu führen“, so Günther. „Ich habe Bodo Ramelow als jemanden erlebt, mit dem man vertrauensvoll zusammenarbeiten kann. Warum sollte er nicht umgekehrt eine CDU-geführte Minderheitenregierung tolerieren?“