Das US-Wahlsystem hat seine Tücken. Wie etwa das Wahlleutegremiums und das Phänomen der Swing States. Ein Überblick über das in die Jahre gekommene US-Wahlsystem.
Eigentlich klingt es simpel und demokratisch: Der Präsident der Vereinigten Staaten wird per Abstimmung vom Volk gewählt. Wer die meisten Stimmen bekommt, gewinnt. Doch so einfach ist es leider nicht. Wer ins Weiße Haus will, muss zwar die meisten Menschen hinter sich versammeln, vor allem aber muss er die meisten Menschen in den richtigen Bundesstaaten für sich gewinnen. Klingt sonderbar, ist es auch, denn das US-Wahlsystem ist alt und hat seine Tücken.
Hier erklären wir, wie das US-Wahlsystem funktioniert und was am Wahltag und danach passiert:
Wer darf wählen?
Wahlberechtigt ist zunächst jeder der rund 332 Millionen US-Bürger, der mindestens 18 Jahre alt ist. Das sind etwa 240 Millionen. Ausgenommen sind unter anderem illegale Einwanderer und Häftlinge. Weil es keine Meldepflicht gibt, müssen sich Wähler registrieren lassen, was kompliziert werden kann. In manchen Gemeinden braucht es dazu eine Vielzahl von Dokumenten, die für ärmere Menschen oft nicht oder nur schwer erhältlich sind.
Warum wählen die USA an einem Dienstag?
Die Präsidentenwahl findet seit 1845 immer am Dienstag nach dem ersten Montag im November statt. Die Entscheidung darüber fiel damals im Ausschlussverfahren: Ausgeschlossen wurden der Sonntag als Tag des Herrn, der Samstag als Markttag, sowie der Donnerstag, weil da die damals verhassten Briten wählten. Außerdem sollte die Abstimmung nach dem Einfahren der Ernte stattfinden, aber nicht im Winter, weil viele Amerikaner damals lange Reisen unternehmen mussten, um abzustimmen. Deshalb fiel auch der Montag als Anreisetag aus. Blieb also nur der Dienstag.
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Wie hoch wird die Wahlbeteiligung?
2020 lag die Wahlbeteiligung bei 66 Prozent – ein sattes Plus von sieben Prozentpunkten im Vergleich zu 2016. Vor vier Jahren trieb die erneute Kandidatur des damaligen Amtsinhabers Donald Trump die Menschen an die Urnen. Die Ironie am Wahlausgang: Trump erhielt deutlich mehr Stimmen als bei seiner ersten Wahl und verlor dennoch klar gegen den Demokraten Joe Biden. Der wurde von so vielen Menschen gewählt, wie noch kein Präsidentschaftskandidat vor ihm. Dieses Jahr dürfte die Wahlbeteiligung auch eher hoch ausfallen.
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Was bedeutet das Mehrheitswahlrecht?
Seit Jahrzehnten haben in den USA eigentlich nur zwei Präsidentschaftskandidaten Chancen, ins Weiße Haus einzuziehen. Grund ist das Mehrheitswahlrecht, das große Parteien begünstigt. Ziel der Bewerber ist es, die Wahlleute eines Bundesstaats zu gewinnen, die als „Electoral College“ wiederum das Staatsoberhaupt wählen. Nur der siegreiche Kandidat bekommt am Ende die Wahlleute eines Staates zugesprochen („the winner takes all“). Anders als beim Verhältniswahlrecht haben Kandidaten kleinerer Parteien (dieses Jahr sind es vier) so gut wie keine Möglichkeit, die US-Präsidentschaftswahl zu gewinnen.
Welche Rolle spielen die Wahlleute?
In den USA wird das Staatsoberhaupt über Wahlleute gewählt („Electors“). Jeder Bundesstaat entsendet nach seiner Bevölkerungsgröße entsprechend eine festgelegte Anzahl von Wahlmännern und -frauen. Die Mindestzahl sind drei (etwa North Dakota und Washington DC.), in Kalifornien als größtem Bundesstaat sind 55 Electors zu holen. Insgesamt besteht das „Electoral College“ aus 538 Abgesandten. Präsident wird, wer mehr als die Hälfte von ihnen (270) gewonnen hat. Die Kandidaten kämpfen also darum, in den einzelnen Bundesstaaten zu gewinnen, denn der Sieger bekommt alle zu vergebenen Electors, während der Verlierer leer ausgeht.
Warum sind die Swing States wichtig?
Die Präsidentschaftswahl wird eigentlich in wenigen Bundesstaaten entschieden, da in den meisten Staaten schon lange vor der Wahl klar ist, welcher der beiden Kandidaten gewinnen wird. So ist etwa Kalifornien traditionell in der Hand der Demokraten, während in Texas republikanisch gewählt wird. Es gibt aber eine Reihe von Staaten, die mal so mal so wählen. Pennsylvania zum Beispiel. Da dort aber viele Wahlleute zu holen sind, sind sie besonders umkämpft. Die meisten großen Wahlkampfveranstaltungen finden deshalb auch in diesen Swing States, auch „Battlegroundstates“ genannt, statt. Dieses Jahr gehören unter anderem dazu: Michigan, Wisconsin, Pennsylvania, Nevada, Arizona und möglicherweise wieder das eigentlich konservative Georgia.
Worüber stimmen die Amerikaner noch ab?
Außer der Präsidentenwahl werden auch die Kongressabgeordneten neu gewählt. Zumindest teilweise. Alle 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses (vergleichbar mit dem Deutschen Bundestag) werden neu bestimmt, sowie mehr als ein Drittel der 100 Sitze im Senat. In elf Bundesstaaten werden zudem Gouverneursposten neu vergeben.
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Wann sind die Präsidentschaftswahlen vorbei?
Die US-Präsidentenwahl beginnt am 5. November in den kleinen Örtchen Dixville Notch und Millsfield im New Hampshire, in denen bereits kurz nach Mitternacht Ostküstenzeit das Ergebnis bekannt gegeben wird. Da sich die USA über sechs Zeitzonen erstrecken, öffnen und schließen die Wahllokale in den östlichen Bundesstaaten viele Stunden früher als an der Westküste. Die Bürger von Hawaii und Alaska sind die Wahl-Schlusslichter. Normalerweise gegen Mitternacht deutscher Zeit veröffentlichen die TV-Sender die ersten Prognosen. Nach Schließung der Wahllokale an der Pazifikküste liegen gewöhnlich genügend Daten vor, um einen Sieger zu verkünden. 2020 stand das Ergebnis erst lange nach der Wahl fest, da in einigen Staaten wie Michigan und Georgia die Stimmen mehrfach gezählt werden mussten.
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Was passiert nach der Präsidentschaftswahl?
41 Tage nach der Wahl, das ist in diesem Jahr der 16. Dezember, treten die Mitglieder des „Electoral College“ zusammen und wählen den neuen Präsidenten. Anfang Januar bestätigt der amtierende Vizepräsident das Wahlergebnis. Beim letzten Mal, am 6. Januar 2021 kam es an dem Tag zum Sturm auf das Kapitol. Am 20. Januar 2025 um 12 Uhr Ortszeit legt das neue Staatsoberhaupt den Amtseid ab. Die Zeit zwischen Wahl und Vereidigung wird „Presidential Transition“ bezeichnet. Diese zweieinhalb Monate dienen dazu, den neuen Präsidenten und seine Mitarbeiter einzuarbeiten. In dieser Übergangsperiode verliert das scheidende Staatsoberhaupt auch Privilegien, wie etwa den exklusiven Zugang zu Informationen, die die nationale Sicherheit betreffen.
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Quellen: Ballotpedia, FiveThirtyEight, DPA, AFP, Reuters, „New York Times“, Realclearpolitics, 270towin. com, NHPR, FEC