Betrugsverfahren: Prozessauftakt wirft düsteres Licht auf Innenleben beim ASB

Der Arbeiter-Samariter-Bund Bayern hat seit Jahren Geldsorgen. Drei ehemalige Führungskräfte stehen vor Gericht, weil sie die Krankenkassen betrogen haben sollen. Keiner will es gewesen sein.

Mutmaßlicher Millionenbetrug und Vorwürfe mangelnder Führungsfähigkeit im Arbeiter-Samariter-Bund Bayerns: Ein Betrugsprozess am Landgericht Nürnberg-Fürth soll aufklären, wie es zu jahrelangen Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Rettungsdienstleistungen bei der Hilfsorganisation mit den Krankenkassen kam. Er wirft aber auch ein Licht auf das Innenleben der traditionsreichen Organisation. 

Whistleblower mit auf der Anklagebank

Drei ehemalige hauptamtliche Führungskräfte des ASB-Landesverbandes Bayern haben sich zum Auftakt des Prozesses um millionenschwere Betrügereien gegenseitig die Schuld in die Schuhe geschoben. Der ehemalige Rettungsdienst-Referent (53) sieht sich als Whistleblower. Er habe die Missstände zunächst intern angesprochen, sich nach zahlreichen erfolglosen Versuchen dann aber an die Öffentlichkeit gewandt – und damit den Prozess ins Rollen gebracht. 

Seine Mitangeklagten, den ehemaligen Geschäftsführer des Landesverbandes und den Bilanzbuchhalter, sieht er als Hauptschuldige. Er beschrieb, wie das Duo den Landesverband mehr oder weniger absolutistisch geführt habe und Kritik oder Verbesserungsvorschläge nicht zugelassen haben soll. Und schließlich – unter anderem mit Hilfe nicht gerechtfertigter Gratifikationen – in die eigene Tasche gewirtschaftet haben soll. Das ist ein Vorwurf, den nicht einmal die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Anklage erhebt. 

Millionenschaden

Die Ermittlungsbehörde wirft dem Trio vor, die Krankenkasse über ein komplexes System in den Jahren 2013 bis 2018 insgesamt um rund 4,3 Millionen Euro erleichtert zu haben. Das Gericht erkennt jedoch die ersten Taten wegen Verjährung nicht mehr an – sodass sich die im Prozess verhandelte Betrugssumme auf etwa 3,25 Millionen Euro beläuft. Dem ehemaligen Geschäftsführer (69) wirft die Anklage zusätzlich Untreue vor, unter anderem weil er einen laut Büchern angeblich nach Rumänien gespendeten Pkw in seine private Garage gestellt und dann an seine Frau überschrieben haben soll.

Der 69-Jährige ließ über seinen Anwalt einräumen, dass im Landesverband sicher nicht alles „optimal“ gelaufen sei. Jedoch sei mit den Kassen nichts abgerechnet worden, was nicht ohnehin hätte bezahlt werden müssen. Schließlich sei der Rettungsdienst mit einem Volumen von rund 15 Millionen Euro im Jahr nur ein kleiner Teil des Gesamthaushaltes in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr gewesen. Wie es dann dazu kam, dass der ASB-Landesverband unter neuer Geschäftsführung nach einem Vergleich mit den Kassen vier Millionen Euro zurückzahlte, erklärte er allerdings nicht. 

Falsche Anschuldigungen

Der 56 Jahre alte Bilanzbuchhalter ließ seinerseits ausrichten, er habe nur die Buchhaltung übernommen, aber keine inhaltlichen Entscheidungen getroffen. Der 53-jährige Rettungsdienst-Referent habe falsche Anschuldigungen erhoben und führe einen privaten Rachefeldzug gegen seine beiden Ex-Kollegen. 

Für den Prozess hat die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth elf weitere Verhandlungstage vorgesehen. Ein Urteil könnte kurz vor Weihnachten fallen.