Elon Musk ist Donald Trumps lautester Fürsprecher. Kein Tag vergeht, ohne dass er nicht für den Ex-Präsidenten die Werbetrommel rührt. Was ist drin für den Tesla-Chef?
Er spendet der Kampagne von Donald Trump enorme Summen und verlost Millionen an unentschlossene Wähler: Kaum jemand kämpft so verbissen für einen Sieg der Republikaner wie Tesla-Chef Elon Musk. Seit Monaten wirbt der Milliardär für Trump und stellt eine düstere Zukunft in Aussicht, sollte Kamala Harris die Wahl gewinnen. Für Musk, so hat den Anschein, gibt es nur eine Möglichkeit: Der ehemalige Präsident muss erneut an die Macht. Koste es, was es wolle!
Aber warum?
Zum einen geht es, wenig überraschend, um Geld. Um viel Geld. Und um den Ausbau von Macht und Einfluss. Aber das ist bloß eine Seite der Medaille. Denn Musks zahlreiche Firmen haben in den vergangenen Jahren immer wieder an den Behörden vorbeigearbeitet und damit eine erstaunliche Menge an Untersuchungen angehäuft. Diese könnten allmählich zu einem riesigen Problem werden, denn die Mühlen der Justiz mahlen langsam, aber sie mahlen. Dazu später mehr.
Elon Musk ist von der Regierung abhängig – und die Regierung von Musk
Um zu verstehen, wie sehr Musk und seine Unternehmen bereits mit der amerikanischen Regierung verstrickt sind, lohnt sich ein Blick auf die aktuelle Berichterstattung der „New York Times„. Dort wurden im Rahmen einer umfassenden Recherche Gerichtsprotokolle, Unterlagen von Behörden und Daten über Aufträge der Regierung gesichtet.
Die Suche ergab: Allein im vergangenen Jahr wurden Musks Unternehmen etwa 100 Verträge mit 17 Bundesbehörden zugesprochen, deren Gesamtvolumen rund drei Milliarden US-Dollar beträgt. Insgesamt, so die „New York Times“, belief sich die Summe staatlicher Zahlungen in den vergangenen zehn Jahren auf 15,4 Milliarden US-Dollar. Den Löwenanteil machte demnach SpaceX aus, Tesla erhielt den Angaben zufolge nur noch vergleichsweise wenig Unterstützung.
Bei der kommenden Wahl könnte sich in den Augen von Musk entscheiden, wie es mit Aufträgen und Subventionen der Regierung weitergeht. Donald Trump dürfte nach Musks energischer Unterstützung im Wahlkampf wohl eher keine Kürzungen vornehmen. Wie es hingegen unter einer Harris-Walz-Regierung weiterginge, ist deutlich schwerer vorherzusagen. Allerdings: Mit seiner Aussage „Sollte Trump verlieren, geht es mir an den Kragen“ hat Musk vermutlich stark übertrieben. Auch Kamala Harris kann und wird die Zusammenarbeit mit SpaceX nicht einfach auf Eis legen – sowohl die Nasa als auch das Verteidigungsministerium sind auf Technologie und Dienstleistungen des Unternehmens angewiesen.
Ein gefährlicher Aktenhaufen
Allerdings könnte es für Musk unter einer Regierung der Demokraten ungemütlicher werden. Denn die Kehrseite seines Erfolgs sind die bereits angesprochenen zahllosen Auseinandersetzungen mit US-Behörden. Da Musk sich im Sinne eines schnellen Fortschritts häufig über Regeln und Gesetze hinwegsetzt, hat er in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Verfahren und Untersuchungen gegen sich und seine Firmen angehäuft.
So ermittelt die Bundesluftfahrtbehörde FAA beispielsweise gegen SpaceX, die Bundesbehörde für Straßen- und Fahrzeugsicherheit NHTSA schaut sich Tesla seit Monaten genauer an, und die Börsenaufsichtsbehörde SEC ist seit Jahren mit Tweets und Aussagen des Unternehmers beschäftigt.
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Hinzu kommen Untersuchungen der Behörde für Arbeitsrecht NLRB wegen mutmaßlich gewerkschaftsfeindlicher Tweets, ein Verfahren des Verkehrsministeriums wegen eines möglicherweise illegalen Transports gefährlicher Krankheitserreger durch Neuralink und eine Klage des Justizministeriums wegen mutmaßlicher Diskriminierung.
Jedes Verfahren ist für sich gesehen bereits eine Bedrohung für die betroffenen Unternehmen. Nimmt man alle Untersuchungen und regulatorischen Kämpfe zusammen, könnte Musks Imperium ernsthaft erschüttert werden.
Es sei denn, Trump würde erneut den Einzug ins Weiße Haus schaffen.
Denn Musk wäre dann, so haben es die beiden zumindest vereinbart, Chef einer neu gebildeten „Kommission für Regierungseffizienz“. Diese hätte nach aktuellen Stand die Befugnis, weitreichende Kürzungen bei Bundesbehörden und Änderungen von Bundesvorschriften zu empfehlen. Für Musk wäre das der Jackpot. Denn sollte er einer so mächtigen Kommission vorstehen, hätte er auch Kontrolle über jene Behörden, die seinen Unternehmen Druck machen.
Elon Musk und EU-Strafen 07.34
Zwar wären Musks Weisungen rechtlich nicht bindend. Aber sollten die Ämter fürchten müssen, dass ihnen die Budgets gekürzt werden, wenn Musk sie als lästig empfindet, entstünde daraus ein gewaltiger Interessenskonflikt – zu Musks Vorteil. Zumindest in den USA wäre damit zu rechnen, dass viele Verfahren im Sande verlaufen.
Das Spiel, die Justiz auf seine Seite zu ziehen, beherrscht der Tech-CEO bereits bestens: Kürzlich erst passte Musk die Nutzungsbedingungen von X an und änderte damit das für die Plattform zuständige Gericht. X, vormals Twitter, verhandelt demnach nur noch vor dem US-Bezirksgericht für den nördlichen Bezirk von Texas oder den Staatsgerichten in Tarrant County (Texas, USA). Dahinter steckt Kalkül, denn wie „Ars Technica“ berichtet, handelt es sich bei dem Vorsitzenden Richter Reed O’Connor um einen Tesla-Aktionär. Zwar muss dieser unabhängig von seinen wirtschaftlichen Interessen entscheiden. Ob das aber immer der Fall sein wird, steht auf einem anderen Blatt. Musk wird das wissen.
Konkurrenz? Welche Konkurrenz?
Neben dieser Chance, endlich mit sämtlichen Verfahren rund um seine Unternehmen reinen Tisch zu machen, würde sich durch die Kontrolle der „Kommission für Regierungseffizienz“ vielleicht noch eine weitere Tür öffnen: Es ist nicht auszuschließen, dass Musk indirekt auf andere Aufträge der Regierung Einfluss nehmen könnte, um so beispielsweise Verträge mit Konkurrenten, etwa Boeing und den Starliner, einzustampfen.
Alles unter dem Vorwand einer effizienteren Ausgabenpolitik der Regierung. Und wer würde es ihm verübeln? Wer dem Steuerzahler nachweislich bares Geld spart, dem werden nur wenige widersprechen. Jedenfalls, solange er sich an die Regeln hält.
Unklar ist, was eine Berufung in die Leitung einer Regierungskommission für Musks bisherige Posten bedeuten würde. Es ist unwahrscheinlich, dass er als Regierungsmitglied in der Lage wäre, CEO der vielen Firmen zu bleiben – allein schon aus rechtlicher Sicht, sicherlich aber auch aus Zeitgründen.
Noch im August sagte Trump in einem Interview: „Er möchte sich engagieren. Sehen Sie, er leitet große Unternehmen und all das, also kann er nicht wirklich – ich glaube nicht, dass er im Kabinett sein könnte. Ich würde ihn auf jeden Fall ins Kabinett bringen, aber ich weiß nicht, wie er das mit all den Dingen, die er am Laufen hat, machen könnte.“ Nur wenig später verkündete Trump, dass er Musk doch als Leitung für die neue Kommission berufen wolle. Wie Musk das schaffen will, wissen derzeit wohl nur Trump und er.