Unter hohem Sicherheitsaufgebot ist im kolumbianischen Cali die UN-Artenschutzkonferenz (COP16) eröffnet worden. „Der Planet hat keine Zeit zu verlieren“, sagte Kolumbiens Umweltministerin und COP16-Präsidentin Susana Muhamad am Montag vor den Delegierten aus rund 200 Ländern. Die Konferenz könne jedoch ein „Licht in dieser sehr dunklen Welt sein“.
Die bis zum 1. November dauernde Konferenz steht unter dem Motto „Peace with Nature“ (übersetzt: „Frieden mit der Natur“). Ziel ist die Vereinbarung eines Plans zur Umsetzung der 23 UN-Ziele der COP15 zur Eindämmung von Umweltzerstörung und weltweitem Artensterben bis 2030. Im Zentrum steht unter anderem die Frage der Finanzierung von Maßnahmen.
„Wir sind uns alle einig, dass wir für diese Mission unterfinanziert sind, wir sind uns alle einig, dass wir weitere Finanzierungsquellen benötigen“, sagte COP16-Präsidentin Muhamad. Sie forderte die Delegationen auf, die Konferenz zu nutzen, um Bilanz zu ziehen und weitere Verpflichtungen einzugehen. „Wir müssen jetzt alle gemeinsam liefern“, betonte sie. Nur dann könne Cali 2024 „ein Licht in dieser sehr dunklen Welt sein“.
Vor Beginn der Konferenz hatte UN-Generalsekretär António Guterres „bedeutende Investitionen“ in den Schutz der Natur gefordert. In einer am Sonntag veröffentlichten Videobotschaft rief er die Verhandlungsführer auf, die Konferenz „mit bedeutenden Investitionen in die Mittel des Globalen Naturschutzfonds (GBFF) und mit Zusagen zur Mobilisierung weiterer öffentlicher und privater Finanzierungsquellen zu verlassen“.
Der GBFF war im vergangenen Jahr ins Leben gerufen worden – bisher haben die Länder 250 Millionen Dollar (rund 230 Millionen Euro) zugesagt.
Vertreter der indigenen Völker im Amazonasgebiet forderten am ersten Konferenztag eine direkte finanzielle Unterstützung. „Wir brauchen einen direkten Finanzierungsmechanismus für indigene Völker, damit sie diese Gebiete weiterhin erhalten und schützen können“, sagte der Vorsitzende der Organisation der indigenen Völker des kolumbianischen Amazonasgebiets (OPIAC), Oswaldo Muca Castizo, vor Journalisten. Weiter forderte er eine Entschädigung für die Pflege, die indigene Völker „seit Tausenden von Jahren“ für den Amazonas-Regenwald geleistet hätten.
Die ganze Welt versuche herauszufinden, wie der Amazonas gerettet werden könne, sagte Muca Castizo. „Ich antworte ihnen, dass es nicht darum geht, den Amazonas zu retten, denn es ist der Amazonas, (…) der die Menschheit rettet.“ In Kolumbien leben 64 der insgesamt 115 indigenen Völkern im Amazonas-Gebiet. Ihr Lebensraum erstreckt sich über fast die Hälfte des Landes.
Bis zum Ende der Konferenz werden etwa 15.000 Delegierte aus rund 200 Staaten in Kolumbien erwartet, darunter einhundert Minister und ein Dutzend Staats- und Regierungschefs. Deutschland wird durch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) vertreten. Sie setzt sich dafür ein, das Artensterben und die Klimakrise als miteinander verbundene Herausforderungen anzugehen.
Angesichts des Konflikts zwischen der kolumbianischen Armee und einer Guerilla-Gruppe wurde der Tagungsort in Cali von 10.000 Polizisten und Soldaten geschützt. Eine Splittergruppe der Guerilla-Organisation Farc namens Zentraler Generalstab (EMC) hatte zuvor die ausländischen Delegationen aufgefordert hatte, der Konferenz fernzubleiben. Kolumbiens Präsident Gustavo Petro erklärte jedoch, die Sicherheit der COP16 sei „garantiert“.
Nach Angaben der Weltnaturschutzunion (IUCN), welche die Rote Liste der bedrohten Tiere und Pflanzen führt, sind mehr als ein Viertel der untersuchten Arten vom Aussterben bedroht. Aus Zahlen des Living Planet Index geht hervor, dass die Populationen von Wirbeltieren zwischen 1970 und 2020 im Durchschnitt um 73 Prozent zurückgegangen sind.
Gastgeber Kolumbien ist eines der Länder mit der größten Artenvielfalt der Welt. Präsident Petro hat den Umweltschutz zu einer Priorität erklärt. Allerdings hat sich das Land noch immer nicht vollständig aus dem seit Jahrzehnten andauernden bewaffneten Konflikt mit linken Guerilla-Gruppen wie der EMC, Paramilitärs und Drogenbanden befreit.
Cali ist die nächstgelegene Großstadt zu dem von der EMC kontrollierten Gebiet. Diese befindet sich aktuell in schwierigen Friedensverhandlungen mit der Regierung.