Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat Koalitionsverhandlungen mit CDU und SPD in Thüringen an Bedingungen geknüpft. Der erweiterte BSW-Landesvorstand stimmte am Freitagabend einem von den drei Parteien ausgehandelten Sondierungspapier, das Grundlage für weitere Gespräche sein soll, zwar einstimmig zu. Das BSW will aber das Friedensthema zuvor erneut verhandeln.
Vor der Aufnahme offizieller Koalitionsgespräche müsse die vom BSW geforderte Friedenspräambel verhandelt werden. „Wir wollen Koalitionsverhandlungen führen, aber vorher muss klar sein, dass wir in der Friedensfrage Klarheit bekommen“, erklärten die BSW-Landesvorsitzenden Katja Wolf und Steffen Schütz nah er Landesvorstandssitzung in Erfurt.
Damit ist der Beginn der Koalitionsverhandlungen zunächst nicht absehbar. CDU-Vertreter hatten sich bei der Vorstellung des gemeinsamen Sondierungspapiers am Freitag optimistisch gezeigt, dass bereits kommende Woche der organisatorische Rahmen und der Zeitplan für die Koalitionsverhandlungen abgesteckt werden können.
Der CDU-Landesvorstand und die Kreisvorsitzenden der Union gaben am Freitagabend mit großer Mehrheit grünes Licht für Koalitionsgespräche über eine mögliche Regierungsbildung. Das Votum fiel nach Parteiangaben mit 25 Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung. Die SPD-Spitze entscheidet am Samstag darüber.
Die drei Parteien hatten nach ersten Vorgesprächen Ende September Sondierungen aufgenommen, um Schnittmengen und inhaltliche Differenzen auszuloten. Am Freitag wurde das gemeinsame Sondierungspapier der Öffentlichkeit vorgestellt.
Das BSW und vor allem dessen Parteichefin Sahra Wagenknecht machte von Anfang an deutlich, dass es mögliche Bündnisse in Thüringen, aber auch in Sachsen und Brandenburg, wo ebenfalls Regierungen unter BSW-Beteiligung angestrebt werden, an Bedingungen knüpft. Das BSW forderte ein Bekenntnis für Frieden, diplomatische Bemühungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine und gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Thüringer BSW-Fraktion, Tilo Kummer, bekräftigte am Freitag, dass das Friedensthema „ein wesentlicher Bestandteil“ eines Koalitionsvertrages sein müsse. Ohne das „wird es eine Koalition mit uns nicht geben“, sagte Kummer vor der Landesvorstandssitzung in Erfurt.
Die Regierungsbildung in Thüringen nach der Landtagswahl vom 1. September gilt als schwierig. Die vom Thüringer Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD wurde dabei stärkste Kraft, keine andere Partei will jedoch mit ihr koalieren.
CDU-Landes- und Fraktionschef Mario Voigt strebt eine Regierung unter seiner Führung an. Einem Bündnis von CDU, BSW und SPD würde im Erfurter Landtag ein Sitz für eine Mehrheit fehlen. Die Linke bot wiederholt ihre Unterstützung an, um für stabile Verhältnisse zu sorgen. Der amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), dessen rot-rot-grüne Koalition abgewählt wurde, brachte unter anderem ein „Fairness-Abkommen“ ins Spiel.
Nach Angaben des parlamentarischen Geschäftsführers der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, wird es allerdings „keine gesonderte Vereinbarung“ mit der Linkspartei geben. Auch die Wahl des Ministerpräsidenten könnten die drei Parteien „allein gewährleisten“, sagte er am Freitag in Erfurt. Ein bundesweiter Unvereinbarkeitsbeschluss verbietet der CDU eine gezielte Zusammenarbeit mit der Linken wie auch mit der AfD.
Bühl sagte, es solle künftig ein sogenanntes Konsultationsverfahren geben, um alle Fraktionen im Parlament frühzeitig in Gesetzesvorhaben einer möglichen Regierung einzubinden. Mit einem Votum bei dem neuen Beteiligungsverfahren könne die Regierung dann weiterarbeiten, das Vorhaben entsprechend anpassen, oder es werde nicht weiterverfolgt, sagte Bühl. Er bekräftigte, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben werde.