Frank Rosin hat im TV lebende Krebse gebraten – und wurde angezeigt. Im stern-Interview erklärt Kerstin van Kan vom Deutschen Tierschutzbund, was der Starkoch zu erwarten hat.
In der Sat.1-Show „Wer kocht das Beste für die Gäste?“ Ende August haben Frank Rosin und Cornelia Poletto um die Wette gekocht. Der 58-Jährige warf dabei für eine Vorspeise Krebse in das heiße Fett. Mindestens einer war noch am Leben. Das aber sei Tierquälerei, kritisiert der Deutsche Tierschutzbund. „Die Tötung von Krebstieren durch Braten ist langwierig und qualvoll und per Gesetz daher ausdrücklich verboten“, heißt es dort – die Organisation hat den TV-Koch deswegen angezeigt.
Pressesprecherin Kerstin van Kan erläutert im stern-Interview den aktuellen Fall und sagt, was wir alle mehr für unsere Mitbewohner auf der Erde tun können.
Frau van Kan, was waren Ihre Beweggründe für die Anzeige?
Wir haben uns dazu entschlossen, Anzeige zu erstatten und diese publik zu machen, um den oftmals „vergessenen Tierarten“ eine Stimme zu geben. Tierarten, mit denen wir uns vergleichsweise weniger auseinandersetzen, ihnen weniger Empathie entgegenbringen oder gar nicht genau wissen, welche arteigenen Bedürfnisse sie haben oder gar produziert werden, um später auf unseren Tellern zu landen.
Wie fühlen Krebse?
Laut einer aktuellen Umfrage unserer europäischen Tierschutzdachorganisation „Eurogroup for Animals“ und der Tierschutzorganisation „Compassion in World Farming“ stimmen 69 Prozent der deutschen Befragtenüberein, dass Fische und andere Wassertiere fähig sind, Schmerzen zu spüren. Fast die Hälfte der Befragten gibt jedoch an, von den Praktiken in der Aquakultur oder der Fischerei nur wenig Kenntnis zu haben. Krebstiere müssen in Europa, aber auch in ihren Ursprungsproduktionsländern wie Asien durch die gängigen Produktionspraktiken diverse Schmerzen, Leiden und Schäden ertragen. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass sich Verbraucher intensiver mit diesen Produktionsverfahren auseinandersetzen und ihr Konsumverhalten reflektieren.
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Eine Kochsendung wie „Wer kocht das Beste für die Gäste?“, um die es gerade geht, sollte ein Vorbild sein, oder?
Genau solche Kochsendungen und das Verhalten von Köchen, die in der Öffentlichkeit stehen, können dazu beitragen, den Tierschutzgedanken weiterzutragen und mit einem guten Beispiel voranzugehen: In der norditalienischen Region Emilia ist beispielsweise das Kochen von Hummern ohne vorherige Betäubung verboten, unter anderem da sich Köche gegen diese leidvolle Tötungsmethode ausgesprochen haben.
Sie wurden durch eine Zuschrift eines aufmerksamen TV-Zuschauers auf das tierschutzwidrige Vorgehen hingewiesen, wie lautete die Nachricht?
„Moin moin, ich habe gerade gesehen, wie Frank Rosin im TV Sat.1 lebende Flusskrebse angebraten hat. Das geht fachlich und tierwohlmäßig gar nicht und dann noch im TV. Meines Wissens müssen Hummer, Krebse etc. lebend in kochendes Wasser geschmissen werden, weil betäuben nicht wirklich möglich ist. Evtl. mögen Sie der Sache ja mal nachgehen. Die Sendung gibt es ja evtl. in der Mediathek.“
Wo wurde die Anzeige erstattet?
Die Anzeige gegen Frank Rosin wurde an die für seine Geschäftsanschrift zuständige Kreisverwaltung Recklinghausen – Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung – adressiert und wird dort nun geprüft. Eine Verweisung etwa an das für den Wohnsitz von Herrn Rosin zuständige Veterinäramt könnte noch erfolgen.
Wie ist der weitere Ablauf in dem Fall?
Die eingereichte Anzeige wird nun geprüft, die Verfahrensdauer kann von unserer Seite aus jedoch derzeit nicht abgeschätzt werden. Der Bußgeldrahmen für eine Ordnungswidrigkeit nach Paragraf 18 Tierschutzgesetz (hier Braten) beträgt 25.000 Euro. Für die Ordnungswidrigkeit „Lagerung ohne Wasser“ gilt der gleiche Rahmen. Die konkrete Bußgeldhöhe innerhalb des Sanktionsrahmens liegt im Ermessen der Behörde und kann daher von unserer Seite nicht vorhergesagt werden.
Gibt es berufliche Konsequenzen oder Sanktionen für einen Koch in so einem Fall?
Bei berufsbezogenen Pflichtverletzungen steht die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden infrage. Das zuständige Gewerbeaufsichtsamt kann Auflagen an den Gewerbetreibenden erteilen, um weitere Verstöße dieser Art zu verhindern. In schwereren oder wiederholten Fällen kann eine Entziehung der Konzession erfolgen. Ein Berufsverbot nach dem Strafgesetzbuch dagegen kann nur im Zuge eines Strafurteils durch ein Strafgericht verhängt werden. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch nicht um eine Straf-, sondern um eine Ordnungswidrigkeitenanzeige, die nicht durch ein Strafgericht, sondern vom Veterinäramt verfolgt wird.
Inwiefern sich das tierschutzwidrige Verhalten von Frank Rosin möglicherweise auch auf seine Sat.1-Sendung „Wer kocht das Beste für die Gäste“ auswirkt, können wir derzeit nicht beantworten.
Gibt es eine Äußerung von Herrn Rosin dem Deutschen Tierschutzbund gegenüber?
Äußerungen hinsichtlich des tierschutzwidrigen Vorgehens gegenüber dem Deutschen Tierschutzbund gab es von Frank Rosin bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Wie können wir alle mehr Bewusstsein für das Thema Tierschutz schaffen?
Aufklärung sowie fundiertes Wissen über einen artgerechten Umgang und die artgerechte Haltung von Tieren sind enorm wichtig, damit Tiere ein tierschutzgerechtes Leben führen können. Wir als Deutscher Tierschutzbund versuchen darüber aufzuklären. Unser Handeln hat direkte Auswirkungen auf die Tiere weltweit. Eine erschütternde Konsequenz unserer Lebensweise der letzten Jahrzehnte ist auch bereits allgegenwärtig: Unter anderem in der heutigen Produktion unserer Lebensmittel liegen mit die größten Tierschutzprobleme unserer Zeit.
Was kann jeder Einzelne dazu beitragen?
Wir alle müssen uns auch mit der landwirtschaftlichen Tierhaltung auseinandersetzen, vor allem von Rindern, Schweinen, Legehennen, Masthühnern und Puten. Zusätzlich leiden und sterben Enten und Gänse, Kaninchen, Schafe und Ziegen sowie zahlreiche weitere Tiere für den menschlichen Genuss. Aber auch der Fischfang und die Aquakultur sind mit immensem Tierleid, einer erheblichen Belastung der Umwelt und des Klimas sowie Risiken für die menschliche Gesundheit verbunden und haben massive Auswirkungen auf die globale Artenvielfalt.
Geht es hierbei vor allem um ein Umdenken beim Fleischkonsum?
Nein, nicht nur den Konsum tierischer Produkte wie Fleisch, Fisch, Milch, Käse und Eier sollten wir hinterfragen. Auch tierische Bestandteile in der Kleidungs- und Möbelindustrie wie Wolle, Daunen, Pelz und Leder oder andere Gegenstände unseres Alltags wie Hygiene-Artikel, Wandfarben, Elektronik et cetera sind untrennbar mit dem Leid und Tod von Tieren verbunden.
Oder auch bei Tierversuchen …
Gleiches gilt auch für die Tierversuche, die nach wie vor für viele alltägliche Produkte vorgeschrieben sind. Die Vision des Deutschen Tierschutzbundes ist es, dass jedes einzelne Tier geachtet wird, ihm Mitgefühl und Respekt entgegengebracht werden und es vor Leiden, Schmerzen und Angst bewahrt wird, sodass das Leben von Mensch und Tier im Einklang mit der Natur nachhaltig ermöglicht werden kann.
Wir alle sollten Dinge, Umgangsformen, Behandlungen und so weiter viel mehr hinterfragen und reflektieren, besonders mit Blick auf die Tiere. Man sollte sich immer wieder die Fragen stellen: Darf man mit Tieren so umgehen?