Aus der Männerfreundschaft von Bushido und Arafat Abou-Chaker wurde eine Fehde – und eine Seifenoper vor Gericht. Jetzt ziehen die Berliner Ankläger ihre Revision zurück.
Der Prozess des Rappers Bushido gegen Arafat Abou-Chaker war ein Medienspektakel mit 114 Verhandlungstagen vor dem Berliner Landgericht. Vor acht Monaten endete er mit einem milden Urteil. Wie der stern berichtet, gibt die Berliner Staatsanwaltschaft auf, sie wird nicht – wie angekündigt – in Berufung gegen das Urteil gehen. „Nach Prüfung der Urteilsbegründung nimmt die Staatsanwaltschaft Berlin die Revision und Beschwerde vollumfassend zurück“, teilte sie auf Anfrage des stern mit.
Das Landgericht hatte in seinem Urteil, über dessen schriftliche Begründung der stern nun erstmals berichtet, „unüberwindliche Zweifel am Wahrheitsgehalt“ der Angaben des Zeugen und Nebenklägers Anis Ferchichi alias Bushido dargelegt. Als Motiv für eine „Falschbelastung“ werte es Ferchichis zivilrechtliche Verfahren gegen seinen früheren Geschäftspartner Abou Chaker im Streit über die Aufteilung des „Gemeinschaftsvermögens in Millionenhöhe“.
„Die Hauptverhandlung hat die Tatvorwürfe nicht bestätigt“, bilanziert nun das Landgericht Berlin. „Keiner der Zeugen“ habe die Angaben von Anis Ferchichi zu vermeintlichen Geldforderungen, dem Einschluss in ein Büro und einem Schlag mit einer Wasserflasche am 18.Januar 2018 bestätigt– mit Ausnahme seiner Ehefrau Anna-Maria Ferchichi. Über sie schreiben die Richter: „Ihre Aussage war geprägt von einem überschießenden Belastungseifer“, sie habe einzelne Sachverhalte „dramatisiert und übertrieben dargestellt“.
Bushido und Arafat Abou-Chaker: Heimlich aufgezeichnete Gespräche
Einen knapp zweistündiger Tonbandmitschnitt, der Bushidos Schilderungen über die Geschehnisse vom 18. Januar 2018 klar widerspricht und dessen Existenz der stern seinerzeit enthüllt hatte, würdigte das Gericht nicht als Beweis. Bushidos Anwalt hatte behauptet, es sei gefälscht und zusammengeschnitten. Das Gericht ließ die Aufnahme von einem Sachverständigen begutachten, der keine Fälschung nachweisen konnte. Das Gericht war zudem nicht überzeugt, „dass die Aufnahme das vollständige Geschehen real wiedergibt.“ Bushido hatte behauptet, etwa vier Stunden im Büro von Abou-Chaker drangsaliert worden zu sein.
Ein weiterer heimlicher Gesprächsmitschnitt Abou-Chakers wurde dagegen – auch ohne Echtheitsüberprüfung – wichtig für das Urteil: Er dokumentierte ein Treffen im Januar 2018 in einem Restaurant mit Bushido und dessen Frau. Der Zeuge Ferchichi stellte Inhalte und die Gesprächssituation nach Auffassung des Gerichts in mehreren Punkten ganz anders dar, als es dann in Hauptverhandlung zu hören war. Statt „seiner behaupteten großen Angst und Einschüchterung“ nach dem habe das Gespräch „verbal auf Augenhöhe“ stattgefunden.
Das gesamte Verhalten des Zeugen während der Trennungsphase von Abou-Chaker stand laut Gericht „im Widerspruch zu seinen Bekundungen“. Er gab sich als psychisch mitgenommen und gebrochen, als Vater in Angst um seine Familie. Trotzdem seien seine minderjährigen Kinder unverpixelt in einer Dokumenation über die Trennung von Abou-Chaker und das Gerichtsverfahren „geradezu zur Schau“ gestellt worden. Die Kammer sehe dies „als sehr befremdlich an“.
Mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft wird das Urteil rechtskräftig, es endet bemerkenswertes Kapitel Berliner Justizgeschichte. Justizkreise schätzen die Verfahrenskosten auf 500.000 Euro – ohne die Kosten für den jahrelangen Personenschutz der Familie Ferchichi . Dass eine andere Strafkammer zu einem abweichenden Ergebnis kommen würde, sei „nicht zu erwarten“, teilte Michael Petzold von Berliner Staatsanwaltschaft mit. „Es soll dem Rechtsfrieden genüge getan und die Sache von hier aus beendet werden“.
Dieses Ende ist eine herbe Niederlage für Oberstaatsanwältin Petra Leister, die zuvor für ihren Kampf gegen die Organisierte Kriminalität als „Clan-Jägerin“ medial gefeiert wurde. Sie hatte sich auf Bushido gestützt und mehr als vier Jahre Haft für Abou-Chaker beantragt. Verurteilt wurde er lediglich wegen illegaler Handy-Mitschnitte von Gesprächen. Abou-Chaker war damit weiterhin nicht vorbestraft. Leister ging in Revision.