Nahe der Stadt Odense sind auf einem Feld 50 Wikingergräber mit Skeletten entdeckt worden. Die menschlichen Überreste sind mehr als 1000 Jahre alt.
Kniescheiben, Rippen, Oberschenkelknochen und Schädel – Hunderte solcher Knochen haben Archäologen in dänischen Wikingergräbern gefunden. Neben den Skeletten stießen sie auch auf andere Gegenstände aus der Wikingerzeit, wie die Seite „Videnskab.dk“ berichtet. Der spektakuläre Fund sei bereits Ende September in Åsum nahe der Stadt Odense auf der Insel Fünen gemacht worden.
Arbeiter hatten den Wikingerfriedhof im vergangenen Jahr bei der Verlegung von Stromkabeln entdeckt. Im April begannen die Archäologen des Museums Odense dann mit ihrer Arbeit. 50 Gräber haben sie seither auf einem Feld freigelegt.PAID Erik der Wikinger 18.37
Das Team schätzt, dass die Funde aus der Zeit zwischen 850 und 970 n. Chr. stammen. Der Wikingerfriedhof umfasst rund 2000 Quadratmeter, die Ausgrabungsstätte misst 30 mal 60 Meter. Die Archäologen vermuten, dass der Friedhof im neunten und zehnten Jahrhundert genutzt wurde.
Fund kann Aufschluss über das Leben der Wikinger geben
„Es ist wirklich ungewöhnlich, so viele gut erhaltene Skelette an einem Ort wie Åsum zu finden“, sagt der Archäologe und Museumsinspektor Michael Borre Lundø. Die Knochen und Artefakte könnten den Forschern helfen zu verstehen, wie der Alltag der Menschen in der Region im 10. Jahrhundert aussah – wovon die Wikinger lebten, wie sie reisten und handelten.
Während der Wikingerzeit, die von 793 bis 1066 n. Chr. dauerte, unternahmen die Angehörigen des nordgermanischen Volksstammes große Raubzüge, eroberten, kolonisierten und handelten in ganz Europa und erreichten sogar Nordamerika.Seefahrer, Piraten, Plünderer Wikinger-Ausstellung in London (2102189)
Der Fund bestätigt, dass Åsum ein wichtiger geografischer Punkt für die ersten städtischen Siedlungen bis hin zum heutigen Odense war. Die in Åsum ausgegrabenen Wikinger waren wahrscheinlich keine Krieger. Borre Lundø vermutet, dass es sich um eine „Standardsiedlung“ gehandelt haben könnte, vielleicht eine Bauerngemeinschaft.
„Ich würde es fast eine Sensation nennen“
„Vielleicht können die Analysen zeigen, ob die begrabenen Wikinger miteinander verwandt waren, was etwas ganz Besonderes wäre, da dies bei ähnlichen Gräbern noch nie untersucht wurde“, sagt Borre Lundø. „Als all diese Skelette im Boden sichtbar wurden, war das einfach fantastisch. Ich würde es fast eine Sensation nennen“, sagte er „Videnskab.dk“.
Auch Sarah Croix, Professorin am Institut für Archäologie und Denkmalpflege der Universität Aarhus, ist von dem Fund begeistert: „Die Gräber in Åsum sind so gut erhalten, dass es wahrscheinlich zum ersten Mal möglich sein wird, an den meisten Skeletten aDNA-Analysen durchzuführen, also DNA-Analysen an älterem Material. Es wird unglaublich spannend sein, herauszufinden, woher diese Menschen kamen und ob es die gleichen Familien waren, die hier über mehrere Generationen begraben wurden.“
Laut Michael Borre Lundø hatten einige der Toten in Åsum einen hohen Status in der damaligen Gesellschaft, wie die Beigaben zeigten. In einem der Gräber fand man zum Beispiel eine dreizackige bronzene Anzugschnalle, eine einzelne rote Glasperle, die an einer Schnur um den Hals des Toten hing, ein Eisenmesser und ein kleines Stück Bergkristall.Die vielen Knochen in den Gräbern können mittels DNA-Analysen etwas über das Leben der Wikinger verraten
© James Brooks/
Der gute Erhaltungszustand der Knochen ist laut „Videnskab.dk“ einer Kombination aus günstigen Bodenbedingungen und einem hohen Grundwasserspiegel zu verdanken. Dies habe zu einer geringen Sauerstoffdurchlässigkeit geführt, wodurch Verwesungsprozesse verlangsamt wurden. Außerdem waren die meisten Leichen tief vergraben, was sie ebenfalls gut vor Sauerstoff schützte.
„Enormes Forschungspotenzial für die Zukunft“
Neben den Skeletten fanden die Archäologen auch verbrannte Knochen, berichtet „Videnskab.dk“ weiter. Dies werfe weitere Fragen auf, etwa, ob es sich um Knochen von Menschen oder Tieren handelte und ob diese geopfert wurden. „Manche glauben, dass ein Sklave verbrannt und mit seinem Herrn begraben wurde“, so Michael Borre Lundø.
Die Wikinger glaubten, dass man durch Verbrennen schneller nach Walhalla kommt, also ins mythische Jenseits. Hintergrund der Sklavenverbrennung sei, dass der Bedienstete Walhalla zuerst erreichen sollte, um sich auf seinen Herrn vorzubereiten, so „Videnskab.dk“.
Die Skelette werden nun konserviert und anschließend zur anthropologischen Analyse an die Universität Kopenhagen geschickt. Diese Analyse könnte dann die Grundlage für weitere Untersuchungen bilden, die viele offene Fragen über die Wikingerzeit klären könnten.
„Das ist kein alltägliches Ereignis und birgt zweifellos ein enormes Forschungspotenzial für die Zukunft“, sagt Borre Lundø.
Quellen: Museum Odense, Videnskab.dk, Nachrichtenagentur AP