Die ausländerfeindlichen Sprüche von Donald Trump werden Tag für Tag radikaler. Ex-General Mark Milley warnt vor dem „Faschisten durch und durch“. Zeit, die Sache beim Namen zu nennen.
General Mark Milley musste so einiges ertragen, als er unter Präsident Donald Trump den Posten des Generalstabschefs der US-Streitkräfte innehatte. Er sollte Soldaten gegen linke Demonstranten einsetzen und Trump-kritische ehemalige Offiziere vors Kriegsgericht stellen. Die Zeit mit Trump gab dem hoch angesehenen Milley Einsichten, die er dem Militär später in einer vielbeachteten Rede als Warnung mit auf den Weg gab: „Wir leisten keinen Eid gegenüber einem König oder einer Königin, einem Tyrannen oder Diktator oder Möchtegern-Diktator.“
Nun legte Milley nach. Im heute erscheinenden Buch „War“ des Enthüllungsjournalisten Bob Woodward wird Milley wie folgt zitiert: „Keiner war je gefährlicher für dieses Land als Donald Trump. Heute weiß ich, dass er ein Faschist durch und durch ist.“
Kein Tag, an dem Donald Trump es nicht auf die Spitze treibt
Diese Sätze sprach Milley schon vor dem Endspurt im Wahlkampf, aber sie könnten zu keinem besseren Zeitpunkt kommen. Es vergeht kein Tag, an dem der ehemalige Präsident der USA die Hetze gegen Migranten nicht aufs Äußerste treibt.
Zu Beginn des Wahlkampfes sagte er, dass Einwanderer „das Blut unseres Landes vergiften“, ein Sprachgebrauch, der stark an die Nationalsozialisten erinnerte. Vor wenigen Tagen nannte er Migranten wieder mal „Mörder“ und fügte hinzu, dass sie es „in ihren Genen tragen. Wir haben gerade viele schlechte Gene in unserem Land.“
Das Weiße Haus fand endlich die passenden Worte dafür: Trumps Sprache „erinnere an die groteske Rhetorik von Faschisten und gewalttätigen weißen Rassisten“.
Es hielt Trump nicht davon ab, in seiner Hetze nachzulegen und die Menschen gegen Einwanderer aufzustacheln. „Sie werden in eure Küchen kommen. Sie werden eure Kehlen aufschlitzen“, sagte er bei einem Wahlevent in Wisconsin und nannte Migranten erneut „Tiere“.
Am Donnerstag wiederholte Trump seine Fremdenfeindlichkeit im gediegenen Detroit Economic Club vor Unternehmern und Wirtschaftsführern: „Wir haben zugelassen, dass sie unser Land vergewaltigen. Oh, jetzt hat er das Wort vergewaltigen benutzt“, verhöhnte er seine Kritiker und legte nach: „Genau, ich habe das Wort Vergewaltiger benutzt. Sie haben unser Land vergewaltigt.“
Man ist einiges gewohnt von Donald Trump, aber die letzten Tage markieren eine neue Eskalationsstufe. Trumps Sätze entsprechen ganz seiner rechtsextremen Gesinnung, aber sie sind gleichzeitig auch Teil einer perfiden Taktik: Er hält das Wahlkampfthema Migration, bei dem er die besten Umfragewerte hat, am Kochen. Und er kann es nur am Kochen halten, in dem er seine Rhetorik weiter anzieht. Er warnt Schwarze, dass Ausländer ihre „schwarzen“ Arbeitsplätze wegnehmen und Latinos, dass Migranten für die Wohnungsknappheit sorgen.
Da wo es echte Sorgen gibt, bei hohen Lebensmittelpreisen, beim überteuerten Wohnraum, ködert er enttäuschte Wähler mit dem Hinweis auf Sündenböcke: Einwanderer. Nicht nur die Wortwahl sticht dabei hervor, sondern auch seine Präsentation: voller Hass und Abscheu und düsterer Untergangsszenarien.
Mit geradezu dämonischer Vorfreude kündigt er Massendeportationen an und eine „blutige Geschichte“. Neonazis in Deutschland nennen das „Remigration“.
2016 war es die Mauer, die Trump im Endspurt des Wahlkampfes ins Zentrum rückte, 2024 ist es die Massendeportation. Und er weiß Amerika hinter sich, 54 Prozent unterstützen seine Pläne. Es ist eine erstaunliche Zahl für ein Land, das sich Einwanderungsland nennt. In Trumps eigener Familie gibt es genug Einwanderer, darunter auch arme und verzweifelte. Aber Schotten und Deutsche sind für ihn eine andere Kategorie als Haitianer und Venezolaner.
Selbst vor den absurdesten Lügen scheut Trump nicht zurück: Haitianer essen Hunde und Katzen, Venezolaner schaffen Kriegszonen in US-Städten. Sein Vize, JD Vance, gab unverhohlen zu, dass sie bereit seien, „Geschichten zu erfinden, damit die amerikanischen Medien endlich Interesse zeigen“.
„Er meint es nicht so“ – doch!
So weit wie Trump ist ein Präsidentschaftskandidat in der 248-jährigen Geschichte des Landes noch nie gegangen, und es gibt immer noch Republikaner und Kommentatoren, die entschuldigend sagen: „That’s Trump being Trump.“ Will sagen: So ist er halt. Er meint es nicht so.
Seit einiger Zeit debattieren Historiker und Politologen, wie Trump ideologisch einzuordnen sei. Einige nennen ihn einen Nationalisten, andere einen Rassisten, wiederum andere einen Rechtspopulisten vom Stile Mussolinis, wiederum andere nennen ihn alles zusammen. Trump verteidigte Neonazis bei ihrem Aufmarsch in Charlottesville als „feine Menschen“ und nennt verurteilte Rechtsextremisten, die am 6. Januar 2021 das Kapitol stürmten, „Patrioten“. Gewinnt er die Wahl, will er sie begnadigen.
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Wenn die AfD als gesichert rechtsextrem gilt, was ist dann Trump 2024? Wenn die Tagesschau Bolsonaro rechtsextrem nennt, was ist dann Trump 2024? Wenn ehemalige Wegbegleiter wie Milley Trump einen Faschisten nennen, dann bezieht er sich definitionsgetreu auf die „obsessive Beschäftigung mit dem Niedergang, der Demütigung oder der Opferrolle einer Gemeinschaft sowie einen kompensatorischen Kult um Einheit, Stärke und Reinheit“ – auf die Definition eines Faschisten.
Zu seinem Fremdenhass kommt die zunehmend autokratische Komponente: Trump kündigt an, missliebige Journalisten zu inhaftieren und das Justizministerium einzusetzen, um seine politischen Gegner zu verfolgen. Er sagt, er werde alle Staatsbeamten entlassen, die sich ihm gegenüber nicht loyal zeigen und keinen einstellen, der die Wahl 2020 nicht als „gestohlen“ einordnet. Wie er vor einigen Tagen ankündigte, will er Polizisten einen Tag im Jahr schenken, an dem sie mal „außergewöhnlich hart“ zuschlagen dürfen und für die Taten Straffreiheit genießen.
Donald Trump und sein einstiger Generalstabschef Mark Milley, der seinen Ex-Chef heute einen Faschisten nennt
Ex-General Mark Milley bringt es jetzt auf den Punkt, wenn er sagt: „Trump ist eine wandelnde Werbetafel für das, was er vorhat.“ Er macht genau das, was viele Autokraten und Diktatoren machen: Sie kündigen ihre Schandtaten an. Nicht umsonst sprechen sich viele seiner Ex-Minister und sein ehemaliger Vizepräsident Mike Pence und hunderte ehemalige hohe Offiziere der Streitkräfte gegen ihn aus.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst erhielt Milley „nonstop Morddrohungen“ und machte dafür Trumps politische Rhetorik und seine Obsession mit Rache verantwortlich. Er rüstete sein Haus mit schusssicheren Fensterscheiben aus und mit Wänden, die vor Explosionen schützen.
Viele ahmen Trump nach
Wenn man in diesen Tagen die Wahlspots im Fernsehen und im Internet verfolgt, fällt auf, dass viele Republikaner, auch Lokalpolitiker, Trump kopieren und vor den Gefahren der Einwanderer warnen, vor „Mördern, Vergewaltigern, Terroristen“. Keiner aber übertrumpft Trump. In seinem härtesten Spot wirft er Kamala Harris vor, dass sie Transgender-Operationen für mordende Einwanderer, die im Gefängnis sitzen, zahlen will.
Die USA haben so einige berüchtigte migrationsfeindliche Kapitel hinter sich, gegenüber Japanern und Chinesen, Deutschen und Iren – und unter Trump auch gegenüber Muslimen. Aber nichts ist so hässlich wie das, was der hasserfüllte 78-jährige Mann in diesen letzten Wochen auffährt.
Wenn Amerikaner ihn am 5. November tatsächlich zum Präsidenten wählen, soll keiner sagen, er habe nicht gewusst, wofür Trump diesmal steht. Vor vier Jahren haben aufrechte Leute wie Mark Milley den Faschisten vor den schlimmsten Taten bewahren können. Diese Leute wird es diesmal nicht mehr geben.