Geschwister Schumacher: „Das fand ich natürlich als Bruder überhaupt nicht lustig“

Ralf Schumacher spricht in einem Interview offen über Neid und Anerkennung für seinen Bruder Michael sowie sein frühes Karriereende in der Formel 1.

Sie waren das Brüderpaar und deutsche Aushängeschild der Formel 1: Michael und Ralf Schumacher. In einem Interview mit „Formel1.de“ spricht Ralf nun ungewohnt offen über die Beziehung zu seinem Bruder während der gemeinsamen Rennfahrer-Zeit. 

„Natürlich ist der Michael für Ferrari, ich bin für BMW gefahren, da sind wir uns auch mal ins Gehege gekommen“, gibt Ralf zu. Ein besonders schwieriger Moment mit seinem Bruder sei ein Rennen in Barcelona 2000 gewesen, bei dem Michael ihn bewusst zur Seite schob, um seinem Teamkollegen Rubens Barrichello zu Platz drei zu verhelfen.

„Das fand ich natürlich als Bruder überhaupt nicht lustig“, sagt Ralf im Interview. „Auf der anderen Seite ist es natürlich seine Verpflichtung als Ferrari-Fahrer, das zu tun“. Einen Keil hätten diese Konflikte aber nie zwischen die Brüder getrieben. Schon eine Stunde später hätten die beiden bei einem Bier wieder gemeinsam zusammengesessen. „Wir haben immer alles geklärt, spätestens am Tag danach“, fügt der ehemalige Rennprofi hinzu. 

Der ständige Vergleich mit dem großen Michael

Auch Neid zwischen den Brüdern habe es nie gegeben. „Welches Brüder-Paar hat das geschafft?“, erinnert Ralf im Interview. Das ständige Messen und Vergleichen zwischen den beiden habe ihn vor allem in jüngeren Jahren genervt, „danach war das Thema durch für mich“. Anders sei das aber bei Michaels Sohn Mick und Ralfs Sohn David, die ebenfalls Piloten in der Formel 1 beziehungsweise DTM sind. 

„Ich kann mir aber vorstellen, wie das für Mick ist und ich weiß das auch von meinem Sohn, da ist die Erwartungshaltung manchmal etwas ungerecht, weil man beiden weniger Zeit gibt“. Ralf findet das schade am Motorsport, man solle sie auch unabhängig von der Vita des großen Michaels bewerten: „Ich finde das jeder junge Mensch das Recht hat, sich zu entwickeln, auch Fehler zu machen“. 

David Schumacher Cora Ralf 12.30

Der eine talentierter, der andere arbeitet härter?

Bei einem Mitgliederstammtisch äußerte sich Formel 1-Reporter Roger Benoit kürzlich so: „Vielleicht hatte der Ralf das größere Talent als der Michael, aber es hat keiner so hart gearbeitet wie der Michael“. Ob Ralf das auch so sieht?

„Jeder arbeitet anders. Wichtig ist, dass das Team an den Fahrer glaubt“, sagt er im Interview. Kritik an seinem Team? Tatsächlich gibt Ralf offen zu, dass er „bis auf ein Jahr, indem ich zwei Unfälle hatte, wir eigentlich nie das Paket hatten gegen Michael in irgendeiner Form zu gewinnen. […] Ich glaube, so fair muss man einfach sein“.

Bis heute habe das aber niemand geschafft: „Wir haben gedacht Lewis Hamilton könnte über Wasser gehen, das funktioniert nicht, (wir) haben gedacht Max Verstappen kann über Wasser gehen“. Sein Bruder Michael habe das Team mit seinem Wechsel zu Ferrari 1996 von null aufgebaut und die richtigen Leute mitgebracht. Dieses Mitspracherecht und diese starke Position sei bis heute einzigartig. Heute hätten die Formel1-Fahrer kaum mitzureden, „die sollen sich ins Auto setzen und fahren“.

Eine immer unterstützende Familie: Die Brüder Ralf (l) und Michael Schumacher (r) im Kerpen mit ihrem Vater Rolf im Jahr 1993.
© Michael Jung

„Für mich ist das, was Michael da gebracht hat, da gibt es keinen zweiten da kommt auch Lewis Hamilton nie dran, in Lichtjahren nicht, aus meiner Sicht“, schwärmt er. 

Was soll ich machen? Natürlich wäre ich gerne Weltmeister geworden

Ob es ihn wurmt, kein Weltmeister geworden zu sein? „Erstmal wurmt es mich, dass ich nicht mehr Rennen gewonnen habe, so fängt es schonmal an“, antwortet Ralf schnell. Er hatte in seiner Karriere sechs Grand Prix-Siege eingefahren. Eine Weltmeisterschaft, das sei aber nochmal was anderes, da sei mit seinen Unfällen im Cockpit auch viel Pech dabei gewesen. Ab Mitte 2004 sei es dann bergab gegangen mit seiner Karriere.

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„Was soll ich machen, natürlich wäre ich gerne Weltmeister geworden, aber es hat halt nicht sein sollen. Wir waren nicht gut genug, vielleicht war ich teilweise nicht gut genug, hatte auch hier und da mal privat die falschen Prioritäten“, gibt er im Interview zu. Ralf fuhr damals für BMW Williams. Er habe sich insgesamt mehr Erfolge gewünscht, sei aber trotzdem happy mit seinem Leben heute.

Ralf Schumacher: „Um Gottes willen, was machst du hier?“

Seinen Wechsel zu Toyota 2005 könne man von außen betrachtet rückblickend als Fehlentscheidung bezeichnen, gibt Ralf zu: „Mir war aber damals bewusst, dass wenn ich den Vertrag unterschreibe und es klappt nicht, dass ich dann keinen Platz mehr in der Formel 1 kriege. Ob das ein Fehler war? Für mich war das kalkuliert.“

Ralf Schumacher verabschiedete sich nach der Saison 2007 mit nur 32 Jahren aus der Formel 1. Zuvor hatte Schumacher noch überlegt, zu Force India zu wechseln, war sogar für einen Zwei-Tages-Test zum Team gereist: „Dann habe ich in dem Auto gesessen am ersten Tag und gedacht: Um Gottes Willen, was machst du jetzt hier noch. Du hast Zuhause einen kleinen Sohn, bist dein Leben lang Risiken eingegangen, jetzt setzt du dich in so ein Auto mit so einem Team. Du weißt gar nicht, was dir hier wieder unter dem Hintern wegbricht.“ 

Ralf bricht den Test ab, fliegt nach Hause, verlässt die Formel 1. Von 2008 bis 2012 fuhr er noch in der DTM, mittlerweile ist er Kommentator und Experte beim Pay-TV-Sender Sky. Ob er sich den Job auch zusammen mit seinem Bruder hätte vorstellen können? „Ja klar, warum auch nicht?“, antwortet Ralf prompt. Michael hätte zwar einen anderen Stil gehabt, sei aber immer offen und ehrlich gewesen. Für ihn selbst bedeutet das neue Lebenskapitel mit seiner Arbeit vor der Kamera aber vor allem viel Spaß: „Ich habe mit meinem Team eine neue Familie gefunden“.