Wie viele Menschen leben in Thüringen? Dieser Frage sind die Behörden nachgegangen. Nun bekommt jede Stadt und jede Gemeinde eine verbindliche Einwohnerzahl genannt. Das hat Folgen.
In Thüringen leben weniger Menschen als gedacht. Zu diesem Ergebnis kam der Zensus 2022 – bei der umfassenden Erhebung geht es aber nicht nur um die Bevölkerungszahl. Nun wird es für die Städte und Gemeinden konkret: Sie erhalten in diesen Tagen ihre amtliche Einwohnerzahl, die großen Einfluss drauf hat, wie viel Geld die jeweilige Kommune über den Finanzausgleich vom Land, aber auch bei bestimmten Förderprogrammen von Bund und Land bekommt. Viele Einnahmen der Kommunen sind abhängig von ihrer Bevölkerungszahl.
Nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Erfurt wurde vor zwei Jahren die Einwohnerzahl von 631 Gemeinden in Thüringen erfasst. Nach Strukturveränderungen, beispielsweise durch Gemeindezusammenschlüsse, bestehen davon derzeit noch 605. Sie bekämen nun rechtlich verbindliche Bescheide zu ihrer jeweiligen Einwohnerzahl, so das Landesamt. Dagegen könnten die Gemeinden Rechtsmittel einlegen, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit.
Erfurt mit mehr Einwohnern – Eisenach verliert
Auf mehr Einwohner und damit künftig mehr Einnahmen kann Thüringens Landeshauptstadt Erfurt verweisen. Im Vergleich aller deutschen Großstädte (Städte ab 100.000 Einwohner) belegt Erfurt beim Zensus den 9. Platz der Großstädte mit dem höchsten Bevölkerungszuwachs. Die thüringische Landeshauptstadt hatte einen Zugewinn von mehr als 3.500 Einwohnern (+1,6 Prozent). Laut Zensus 2022 lebten am Stichtag 218.200 Menschen in der Landeshauptstadt. Gera kam auf ein leichtes Plus von rund 340 Einwohnern auf rund 93.000, Jena auf ein leichtes Minus von 730 Einwohnern auf rund 110.000. Zu den Verlierern der Bevölkerungserhebung gehört in Thüringen auch die Stadt Eisenach mit einem Einwohnerverlust von rund 2.200 auf knapp 40.000.
Kreis Greiz schrumpft stark
Der Zensus kam zum Stichtag 15. Mai 2022 auf 2,1 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern in Thüringen. Das waren knapp 12.000 Menschen (-0,6 Prozent) weniger als bislang von den Behörden angenommen. Der Schwund entspricht etwa der Einwohnerzahl einer Thüringer Kleinstadt.
Bundesweit fielen die Abweichungen zur Bevölkerungsfortschreibung sehr unterschiedlich aus. Das Saarland (+1,8 Prozent) und die Hansestadt Bremen (+1,9 Prozent) gewinnen in der Statistik Einwohner hinzu. Alle anderen deutschen Bundesländer verlieren Einwohner. Thüringen habe im Vergleich zu den anderen Bundesländern die geringsten Verluste, hieß es.
Prognosen gehen aber in den nächsten beiden Jahrzehnten von einem Einwohnerschwund im Freistaat aus. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung erwartet, dass 2045 nur noch 1,85 Millionen Menschen im Freistaat leben werden. Den größten Bevölkerungsverlust im Freistaat wird es der Prognose zufolge mit einem Rückgang um 22 Prozent im ostthüringischen Kreis Greiz geben.