Das Eis im Südpolarmeer schmilzt – und das betrifft nicht nur Pinguine, sondern den ganzen Planeten. Ein Experten-Bericht zeigt das ganze Ausmaß. Reagiert die Antarktis-Kommission bei ihrer Tagung?
Die Antarktis und das sie umgebende Südpolarmeer sind in immer größerer Gefahr. Die Region erlebt einem neuen Bericht zufolge beispiellose Temperaturanomalien mit häufigeren marinen Hitzewellen und einem schrittweisen Rückgang des Meereises. Besonders betroffen ist die Ostantarktis, von der Forscher lange fälschlicherweise annahmen, dass sie weniger anfällig für den Klimawandel ist als die Westantarktis oder die Arktis. Verschärft wird der Druck noch durch Überfischung, Mikroplastik und Tourismus.
In ihrem Report „Schutz des sich wandelnden Südpolarmeeres“ fordert die Antarctic and Southern Ocean Coalition (ASOC) – ein Zusammenschluss von Umweltschutzorganisationen aus aller Welt – dringende Maßnahmen der Antarktis-Kommission CCAMLR. Bei der gerade begonnenen Jahrestagung müsse sie endlich ihrer Aufgabe als Hüterin des antarktischen Meereslebens gerecht zu werden.
Im australischen Hobart verhandeln die für den Schutz der antarktischen Meeresfauna und -flora zuständigen Regierungen noch bis zum 25. Oktober über konkrete Lösungen für den Schutz des Südpolarmeeres. Speziell geht es bei der 43. CCAMLR-Tagung erneut um die seit Jahren unter anderem von Deutschland geforderte Ausweisung von mehreren großen Meeresschutzgebieten (MPAs).
Pinguine, Robben und Wale in Gefahr
„Die auf dieser CCAMLR-Tagung getroffenen Entscheidungen könnten die Zukunft des Südpolarmeeres – und unseres Planeten – bestimmen“, sagte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Die Welt schaue darauf, ob die Mitglieder der Kommission die notwendigen mutigen Schritte zum Schutz dieser fragilen, klimatisch gefährdeten Region unternehmen werden, betonte er.
Insgesamt vier Schutzgebiete sollen in der Ostantarktis, im Weddellmeer und in den Gewässern der Antarktischen Halbinsel entstehen. In der Region leben viele Pinguine, Robben und Wale, die zunehmend bedroht sind. Vor allem am Widerstand von China und Russland ist ein Durchbruch aber bisher immer gescheitert – denn um Fortschritte zu erzielen, braucht es die Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten.
Noch weit von Zielen entfernt
Die Kommission hatte schon 2009 vereinbart, ein System von MPAs im Südpolarmeer einzurichten. Seitdem wurden aber nur zwei der sechs geplanten Meeresschutzgebiete geschaffen. Seit 2016 sind die Verhandlungen immer mehr ins Stocken geraten.
„Einst als leuchtendes Beispiel für internationale Zusammenarbeit und Schutz angekündigt, hinkt CCAMLR heute sowohl den alarmierenden Veränderungen im Südpolarmeer als auch den internationalen Bemühungen zum Schutz der Weltmeere hinterher“, sagte ASOC-Geschäftsführerin Claire Christian. Bislang seien nur rund acht Prozent der Weltmeere geschützt. Um das gesetzte Ziel von 30 Prozent bis 2030 zu erreichen, sei es noch ein weiter Weg.
Die Einrichtung der geforderten MPAs wäre die größte Maßnahme zum Schutz der Ozeane in der Geschichte, sagte Christian. Alles, was es dazu brauche, seien Taten und politischer Wille. Das „Übereinkommen über die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis“ (CCAMLR) wurde 1980 ins Leben gerufen. Der Kommission gehören 26 Staaten und die EU an.