Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Wichtigkeit des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) für eine Modernisierung der Gesellschaft betont. Steinmeier gratulierte auf einer Festveranstaltung zum 75-jährigen Bestehen des DGB – auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gratulierte der Organisation mit einem „Happy Birthday“. Er warb bei der Gelegenheit für das in der Ampel-Koalition umstrittene Tariftreuegesetz.
Der Bundespräsident sagte in seiner Rede laut Manuskript, „wir brauchen einen DGB, der realistische Wege aufzeigt, wie wir den Umbau unseres Landes zu einer klimaneutralen und zunehmend digitalen Wirtschaft – wie wir diesen Umbau sozial gerecht gestalten können.“
Der DGB müsse auch helfen, Möglichkeiten zu finden, wie möglichst allen die Chance auf gute Arbeit und Wohlstand geboten werden könne. An die anwesenden Gewerkschaftsvertreter gerichtet sagte der Bundespräsident laut Manuskript, „streiten Sie in dieser Zeit des Wandels weiter für soziale Gerechtigkeit, und seien Sie zugleich eine Stimme der Zuversicht.“ Der DGB solle auch für die Zuversicht stehen, dass Veränderung nicht zwangsläufig Bedrohung und Verlust bedeute und dass notwendiger Wandel gelingen könne.
Scholz sagte in einer Videobotschaft, Errungenschaften wie die Fünf-Tage-Woche und den Acht-Stunden-Tag „würde es gar nicht geben ohne Gewerkschaften“. Auch bezahlten Urlaub, Arbeits- und Kündigungsschutz, Mitbestimmung in Betrieben sowie „ordentliche Tarifabschlüsse und steigende Löhne“ würde es nicht geben „ohne das Engagement unzähliger Frauen und Männer“ im DGB. „Dieser Jahrestag ist ein guter Tag, für dieses Engagement einmal ganz ausdrücklich ‚Danke‘ zu sagen“, befand Scholz.
Starke Gewerkschaften würden auch heute und in der Zukunft gebraucht, „gerade in Zeiten wie diesen“, betonte der Kanzler. „Die Digitalisierung, künstliche Intelligenz, die Modernisierung unserer Industrie – das alles verändert, wie wir in Zukunft arbeiten. Unsere Gewerkschaften machen sich dafür stark, dass alle mitkommen bei solchen Veränderungen.“
Der Kanzler wies zudem darauf hin, „wie wichtig“ Tarifverträge seien. Er kämpfe dafür, dass wieder mehr Beschäftigte nach Tarif bezahlt werden. „Ein wichtiger Hebel dafür ist, dass wir Aufträge des Bundes in Zukunft nur noch an Unternehmen vergeben, die nach Tarif bezahlen“, sagte Scholz. „Diese Verbesserung kommt.“
Damit sprach Scholz das sogenannte Tariftreuegesetz an. Es soll vorschreiben, dass für die Mitarbeitenden von Unternehmen, die Aufträge vom Bund bekommen, tarifvertragliche Regelungen gelten.
Allerdings gibt es über die genaue Ausgestaltung Streit in der Koalition: Anfang September hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) den Gesetzentwurf an die anderen Kabinettsmitglieder zu Abstimmung geschickt. FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner warf Heil danach vor, einen „unfertigen“ Entwurf vorgelegt zu haben, der „nicht der Verabredung des Koalitionsvertrages“ entspreche.
Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, erklärte zum DGB-Jubiläum, ihre Partei setze alles daran, die Tarifbindung zu stärken. Sie hob zudem hervor, dass die Sozialpartnerschaft in Deutschland einzigartig sei – der DGB sei ein Fundament dafür.
Der DGB war im Oktober 1949 gegründet worden. Heute versammelt er nach eigenen Angaben acht Gewerkschaften mit insgesamt gut 5,6 Millionen Mitgliedern unter seinem Dach.