Ein kleines Museum zeigt große Frankfurter Kriminalfälle: Der Mord an Rosemarie Nitribitt ist ebenso dabei wie die Geschichte des Hammermörders. Aber welche Rolle spielt eine ausgestopfte Taube?
Wer sich für True Crime interessiert, kommt auf seine Kosten: Im Frankfurter Kriminalmuseum werden anhand von Fotos, Schautafeln und skurrilen Gegenständen spannende und tragische Fälle aus der Mainmetropole erzählt.
Da ist der Fall des sogenannten Hammermörders, der 1990 mehrere Menschen, zumeist Obdachlose, erschlug und sich nach seiner Verhaftung erhängte. Da ist der sechsfache Mord in einem Bordell im noblen Stadtteil Westend – oder der Fall einer vergewaltigten und getöteten 16-Jährigen, bei dem der Täter erst 25 Jahre später dank neuer DNA-Technik überführt wurde.
In dem kleinen Museum, das sich im Keller des Frankfurter Polizeipräsidiums befindet, ist auch ein Original-Tatort ausgestellt – und zwar der hintere Teil eines Wohnwagens. Darin wurde 2021 am Ostpark eine Frau getötet. „Sie sehen hier noch die echten Blutspritzer“, sagt Polizeibeamtin Anja Lange und zeigt auf die zerschlissene Wand des Mobils. Die 56-Jährige leitet die Ausstellung, die einst als kriminaltechnische Lehrmittelsammlung gestartet war und deren Anfänge bis 1920 zurückgehen. Seit 2003 ist sie für die Öffentlichkeit zugänglich.
Besonders gefragt ist der Fall Nitribitt
„Was für die Besucher besonders spannend ist, ist noch immer die Nitribitt“, erklärt Lange. Der Mord an der Frankfurter Edelprostituierten Rosemarie Nitribitt erregte in den 1950er Jahren Aufmerksamkeit, auch weil ihre Kunden aus den höchsten Kreisen stammten. Und er fasziniert bis heute – nicht zuletzt wegen der Adaptionen in Film, Literatur und Theater.
Der bis heute ungeklärte Fall wird im Museum mit alten Bildern, Zeitungsartikeln und Büchern dargestellt. „Bis zum Jahr 2008 gab es hier sogar den Schädel der Nitribitt zu sehen“, sagt die Beamtin. Dann sei aber auch von ihrer Schwester veranlasst worden, dass dieser ebenfalls in Nitribitts Grab auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof beigesetzt werde.
Morde, Bombenattentate und tödliche Proteste
Die Besucherinnen und Besucher bekommen Einblicke in die teils akribische Arbeit der Ermittler – etwa im Fall einer ermordeten Ehefrau aus dem Jahr 2019. Ihr Mann hatte sie laut Gerichtsurteil getötet und die Leiche in einen Müllcontainer geworfen, um in ihrer Eigentumswohnung mit seiner Geliebten zu leben. Um Beweise zu sichern, musste die Polizei in einer Mülldeponie 24 Tage nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen fahnden. „Es wurden 22.000 Tonnen Schlacke, das ist verbrannter Müll, durchsucht“, sagt Lange. 601 Knochen wurden dabei gefunden, darunter drei menschliche. Alle drei stammten von der getöteten Frau.
Die erfahrene Beamtin führt mit Kompetenz und Empathie durch die Sammlung und verzichtet dabei auf reißerische Schilderungen. Präsentiert werden auch die Geschichten des Bombenattentats auf das Kaufhaus Schneider auf der Zeil (1968), an denen die späteren RAF-Terroristen Andreas Baader und Gudrun Ensslin beteiligt waren oder die Proteste gegen die Startbahn West, bei denen 1987 zwei Frankfurter Polizisten ums Leben kamen.
Brieftaube als tierischer Ermittlungshelfer
Und es gibt sogar ein tierisches Exponat. Die Brieftaube „Charlie“, ausgestopft zu bewundern, spielte eine wichtige Rolle in einem der größten Erpressungsfälle der Nachkriegsgeschichte. Der sogenannte Thomy-Erpresser hatte in den 1990er-Jahren Lebensmittel mit Blausäure vergiftet und vom Nestle-Konzern Diamanten im Wert von 25 Millionen Mark gefordert. Diese sollten per Brieftauben übermittelt werden. Doch die Tiere wurden nicht mit Edelsteinen, sondern mit Peilsendern ausgestattet und „Charlie“ führte zum Aufenthaltsort des Täters.
Zu sehen sind zudem diverse Drogen, gefälschte Geldnoten und Ausrüstung der Polizei. So können die Besucher auch mal eine SEK-Schutzweste anheben – die Ausrüstung inklusive Helm wiegt gute 30 Kilogramm. Und in einer Vitrine liegen zwei Pistolenattrappen, die in einem Gefängnis aus Buchrücken und Marmeladentuben hergestellt wurden. Vor mehr als 50 Jahren gelang damit Insassen der Ausbruch.
Weitere Polizeimuseen in Hessen
In einem Extra-Raum wird zudem die Geschichte der Frankfurter Polizei auf Schautafeln erzählt. Das Museum soll aber nicht nur unterhalten, sondern auch für die Tätigkeit der Polizei sensibilisieren. „Wir versuchen, unsere Arbeit darzustellen, transparent zu machen und dafür vielleicht auch ein bisschen Verständnis zu bekommen“, sagt Lange.
Gerade in der heutigen Zeit, wo Rettungskräfte, Polizei und Feuerwehr immer wieder angepöbelt oder respektlos behandelt würden, sei das wichtig. Die Krimis im Fernsehen gingen an der Realität der Polizei oftmals vorbei.
Auch andere Museen beschäftigen sich mit der Arbeit der Ermittler: So bietet auch das Polizeimuseum im Präsidium Westhessen in Wiesbaden Einblicke. Dort finden sich auf 274 Quadratmetern mehr als 500 Exponate aus den verschiedensten Themenbereichen. Zudem wird die Polizeigeschichte der Landeshauptstadt erzählt. Und in Marburg können weit über 100 historische Polizeifahrzeuge im Polizeioldtimer-Museum besichtigt werden.
Wer das Frankfurter Kriminalmuseum besuchen will, muss mindestens 14 Jahre alt sein und sich vorab anmelden. Der Besuch ist kostenfrei, aber nur mit Führung möglich.