Serie „Love Sucks“: Vampir-Romanze geht immer, denkt sich jetzt auch das ZDF

Wem „Twilight“ zu schmonzettig war, kann es mal mit der Serie „Love Sucks“ probieren. Darin treffen eine toughe Menschen-Julia und ein Vampir-Romeo aufeinander. 

In einer neonpinken Rummelplatznacht stehen sich ein Untoter und eine Sterbliche gegenüber, erst in einem Boxring, dann in einem Verlegenheitsmoment. Die Liebe schlägt wie ein Blitz ein und legt Gehirnzellen lahm. Der Dialog dazu geht so: 

Er: „Eine Frau wie dich habe ich noch nie getroffen.“
Sie: „Wie viele Frauen hast du denn getroffen?“
Er: „Keine Ahnung, ich hab‘ aufgehört zu zählen.“

Dazu muss man wissen, dass Ben von Greifenstein nicht nur wohlhabend und gutaussehend ist, sondern mit seinen 287 Jahren auch sehr viel Zeit zum Daten hatte. Preisboxerin Zelda (Havana Joy) hingegen, eine struppige Schönheit mit Cara-Delevingne-Grinsen, ist jung, wohnt mit Bruder und Vater (Stipe Erceg) in einem Wohnwagen und zieht mit ihnen von Kirmes zu Kirmes. 

Erinnerung an die „Twilight“-Filme werden wach, 15 Jahre ist das schon wieder her, als Teil eins bei uns in den Kinos lief. Im Gegensatz zu Edward Cullen und Bella Swan, die erst im vierten Teil Sex haben, weil Edward Angst hat, seine Lust nicht bändigen zu können und Bella im Bett zu töten, geht es bei „Love Sucks“ gleich in der ersten Folge heiß her. Untote laden zu einer Fetischparty à la Kit-Kat-Club ein und führen dabei nichts Gutes im Schilde.

Ähnlich wie Edward Cullen ist Ben ein Vampir mit Gewissens-Bissen. Wenn er jemanden tötet, schämt er sich hinterher wenigstens dafür. Und so kommt eine Vampir-Serie im Jahr 2024 natürlich nicht ohne Political Correctness aus. Zelda fragt Ben: „Schmecken Männer und Frauen gleich? Schmecken alle Hautfarben gleich?“ Ja, sagt er. 

„Alle Menschen schmecken gleich.“

Das geht gut, weil Szenen wie diese von Hardung und Joy mit viel Ironie in der Stimme gespielt werden. Noch mehr Witz gibt‘s am Abendbrottisch in der Vampir-Villa, in der schwere Vorhänge das Sonnenlicht aussperren. „Seit fast 300 Jahren reiße ich mir hier den Arsch auf“, klagt Mutter Katharina von Greifenstein (Anne Ratte-Polle). Auch bei Vampir-Familien gibt’s Konflikte und das nicht zu knapp, was kein Wunder ist, wenn hier kein Kind mit 18 Jahren auszieht. 

Andere Zeiten, andere Moden
© ZDF

Der Mythos der ewigen Liebe ist im Trend

Dass nun das öffentlich-rechtliche Fernsehen mit einer modern interpretierten Vampir-Serie um die Ecke kommt, hat auch mit dem Buchmarkt zu tun. Die Sehnsucht nach der großen Liebe hat Hochkonjunktur, wird in zahlreichen Liebesromanen heraufbeschworen, die heute unter dem Namen „New Adult“ laufen. So erfolgreich, dass auf der Frankfurter Buchmesse dem Genre in diesem Jahr sogar eine ganze Halle gewidmet ist. Damian Hardung steckt drin im Thema, hat er doch in der Serie „Maxton Hall“ mitgespielt, die auf den Romanen von Autorin Mona Kasten beruhen. Die Lovestory stand weltweit in über 120 Regionen auf Platz eins der Amazon-Streaming-Charts, Staffel zwei wird gerade gedreht. 

Außer Hardung haben „Maxton Hall“ und „Love Sucks“ wenig gemeinsam. Schon beim Titel könnte man auf etwas mehr Tiefsinn schließen. Übersetzen kann man „Love Sucks“ mit „Liebe nervt“, hinzukommt aber noch der Blutsauger-Verweis, denn im Englischen heißt „suck“ eben auch „saugen“. Vielleicht ist das ein wenig zu kompliziert für müde Mediathekennutzer, die sich am Abend nur vom Job ausruhen wollen, aber Liebe ist eben kompliziert, warum dann ein einfacher Titel. 

Was an dieser Stelle klar ist: Die Macher haben alles bis ins kleinste Detail durchdacht, und diese Detail-Freude ist es, die die Serie sehenswert macht. Die Ästhetik – Blutfratzen im Stroboskoplicht, schwarz lackierte Männerfingernägel, ein Kühlschrank voller Blutkonserven macht Spaß. Auch die Musik ist gut ausgewählt, im Abspann jeder Folge etwa, läuft Sharon van Etten mit „Every time the sun comes up, I’m in trouble.“ 

Romantik bis Horror: In „Love Sucks“ ist ein bisschen zu viel von allem

Nun will man nicht zu viel in eine Teenie-Serie hineininterpretieren, aber wenn man schon einmal da sitzt, vielleicht einen Rotwein, statt Filmblut im Glas, kann man die Gedanken ja schwenken lassen. Unsterblichkeit, wäre das etwas für einen? Für immer leben durch alle Dekaden? Schlimme Moden, schlimme Musik, noch mehr Leute treffen müssen, das ganze verfluchte Weltelend und kein Ende in Sicht? Aber dafür mit einem Menschen – einem Untoten, den man liebt? FS Maxton Hall Stars 16.22

Gerade wenn der Liebes-Ewigkeitsmythos, der in „Twilight“ so schrecklich nervte, zwischen Ben und Zelda zu viel zu werden droht, dreht die Story auf „Romeo und Julia“ um. Dann wird es traurig und brutal, sodass man manchmal weggucken muss. 

Romanze, Krimi, Horror, Humor, alles drin, aber alles nicht konsequent zu Ende gedacht, was auch daran liegt, dass jede Folge nur 30 Minuten dauert, zu kurz, um sich mitzuverlieben, wirklich mitzuleiden, sich in Charaktere zu verbeißen. Was bleibt ist eine originelle Serien-Idee und Bilder, die man nicht vergisst. 

Die achtteilige Serie „Love Sucks“, u.a. mit Havana Joy, Damian Hardung, Stipe Erceg, Rick Okon und Anne Ratte-Polle ist ab dem 11. Oktober in der ZDF-Mediathek zu sehen und ab Donnerstag, dem 31. Oktober im TV.