„Cybercab“ : Elon Musk stellt Teslas Prototyp für Robotertaxi vor – und noch mehr

Tesla-Chef Elon Musk verkündet mit einer großen Show in Hollywood den Einstieg ins Robotaxi-Geschäft und will die Wagen schon in zwei Jahren bauen. Doch es gibt Kritik.

Tesla-Chef Elon Musk will mit der Einführung von Robotaxis seinem Unternehmen zu neuem Schwung verhelfen. Musk ließ sich bei der Vorstellung des Prototypen am Donnerstag (Ortszeit) in einem Filmset in Hollywood selbst im sogenannten „Cybercab“ vorfahren. „Die meiste Zeit tun Autos einfach nichts, aber wenn sie autonom sind, könnten sie fünfmal mehr, vielleicht zehnmal mehr genutzt werden“, erklärte er vor der jubelnden Menge. Da es ein Privatgelände ist, brauchte Tesla für die wochenlang vorbereitete Veranstaltung keine Genehmigung der Verkehrsbehörden.

In den weitläufigen Filmkulissen stellte Tesla eine kleine Flotte von „Cybercabs“ bereit, um die Anwesenden zu kutschieren. Eingeladen waren Analysten sowie Tesla-Influencer, die den Elektroauto-Konzern und dessen Gründer online übermäßig loben. Medienvertreter waren nicht willkommen. Musk nahm sich für das Event Zeit von seiner Wahlkampf-Unterstützung für Donald Trump, der im November wieder ins Weiße Haus einziehen will.STERN PAID 37_23 Musk wahnsinniger Aufstieg 6.30

Elon Musk: „Cybercap“ soll weniger als 30.000 Dollar kosten

Das Tesla-Robotaxi hat zwei Sitze und Flügeltüren und sieht aus wie ein Coupé auf Basis des Tesla-Bestsellers Model 3. Es gibt weder ein Lenkrad noch ein Gaspedal. Wann das Fahrzeug auf den Markt kommen soll, beantwortete Musk nur vage. Die Produktion soll 2026 beginnen und die Fahrzeuge sollen weniger als 30.000 Dollar kosten. Musks Plan ist es, eine Flotte von selbstfahrenden Tesla-Taxis zu betreiben, die Fahrgäste über eine App abrufen können. Zugleich räumte der Tech-Milliardär ein, dass er dazu neige, zu optimistisch bei Zeitplänen zu sein.Tweet Robotaxi

Zunächst solle Software zum autonomen Fahren, bei der Menschen nicht eingreifen müssten, im kommenden Jahr in Texas und Kalifornien in den aktuellen Fahrzeugen Model 3 und Model Y auf die Straße kommen. Musk stellte für das Robotaxi die Entwicklung eines günstigeren Tesla-Modells auf einer neuen Plattform zurück, das dem Vorreiter einen größeren Markt eröffnen sollte. Stattdessen verkündete Musk, die Zukunft von Tesla liege im autonomen Fahren.

Außerdem präsentierte Musk einen futuristisch aussehenden selbstfahrenden Bus mit dem Namen „Robovan“, in den bis zu 20 Personen passen. Die keilförmige Front erinnert etwas an frühere Zukunftsvisionen für Lokomotiven. Die „Robovan“ könnten auch Güter befördern, sagte Musk. Es gab keine Angaben dazu, wann die Fahrzeuge auf die Straße kommen könnten.Tesla Cybertruck 12.57

Einen Auftritt hatte auch Teslas humanoider Roboter „Optimus“, der laut Musk „das größte Produkt jeder Art überhaupt“ sein werde. Jeder Mensch werde mindestens einen als mechanischen Helfer haben.

„Wir haben bei Optimus sehr viele Fortschritte gemacht“, sagte er und fügte hinzu: „Die Optimus-Roboter werden sich jetzt unter die Leute mischen, sie servieren euch auch Getränke an der Bar.“ Zum Abschluss ließ er eine weitere Gruppe der Optimus-Roboter auf einer kleineren Bühne zu Musik tanzen, damit die Zuschauer die Verbesserungen in den Bewegungsabläufen der Roboter sehen konnten. Musk zufolge, sollen die Roboter Teil der Gesellschaft werden und zwischen 20.000 und 30.000 Dollar kosten.

Große Versprechen bisher nicht gehalten

Musk kündigte schon seit 2016 immer wieder an, dass Tesla bald den Durchbruch beim autonomen Fahren schaffen werde. Doch bislang bietet Tesla allenfalls Fahrerassistenzsysteme wie den „Autopiloten“ und das „Full Self-Driving“ an. Dabei tragen die Fahrer stets die Verantwortung und müssen jederzeit bereit sein, die Kontrolle zu übernehmen. Tesla lässt Autokäufer schon lange vorab für die Fähigkeit zum autonomen Fahren bezahlen. Anleger scheinen die großen Versprechen immer wieder ernstzunehmen.

Tesla-Fahrer in den USA dürfen die FSD-Variante von „Autopilot“ schon seit mehreren Jahren in einer Beta-Version testen. Auch zuletzt berichteten viele, dass die Software versucht, auf Rot über Kreuzungen zu fahren oder aus der falschen Spur abzubiegen. Deshalb müssen die Fahrer immer wieder ins Lenkrad greifen.

Anders als andere Autobauer setzt Tesla dabei allein auf Kameras und verzichtet auf andere Sensoren wie Radar oder Lidar. Dazu kommt Künstliche Intelligenz. Dieses Vorgehen ist billiger und einfacher als das anderer Autobauer, die eine Vielzahl von Systemen parallel einsetzen.

Vor allem die Möglichkeit, die Fahrzeuge mit einem einfachen Software-Update für den Betrieb ohne Fahrer fit zu machen, wird als Vorteil gesehen. Bislang äußert sich Tesla nicht zu der Frage, wie viele seiner Kunden das Selbstfahr-Paket Full Self Driving (FSD) bestellen. Doch bevor Musks Traum von der Robotaxi-Flotte wahr wird, müssen noch regulatorische Hürden überwunden werden. Bislang sind nur Testflotten in Betrieb, die in eng umgrenzten Gebieten ohne Fahrer unterwegs sind.

Allerdings hat es nach Einschätzung von Branchenexperten und Ingenieuren zwei wichtige Schwachpunkte: Zum einen ist es nur mit Kameras schwieriger, auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren und auch die Hindernisse zuverlässig zu erkennen, die für Kameras verborgen sind. Der zweite Kritikpunkt bezieht sich auf das KI-System, das ein Tesla-Ingenieur als „Blackbox“ bezeichnet: Es sei „fast unmöglich“, zu erkennen, was bei einem Unfall schiefgelaufen sei.

Waymo macht bereits 100.000 Robotaxi-Fahrten pro Woche

Nun ist es so, dass Robotaxis zumindest in den USA längst auf der Straße sind. Besonders weit voraus ist die Google-Schwesterfirma Waymo, deren Fahrzeuge ohne einen Menschen am Steuer jede Woche mehr als 100.000 Fahrten mit Passagieren in vier US-Städten machen. Vor allem in San Francisco gehören die zu selbstfahrenden Autos umgebauten Jaguar-Elektrofahrzeuge von Waymo fest zum Stadtbild.

Musk baut im Wettbewerb um die autonome Zukunft auf die Flottengröße – und den Preis. Ein aktuelles Fahrzeug von Waymo kann Technik für rund 100.000 Dollar an Bord haben, wie Co-Chef Dmitri Dolgov jüngst bei einem Auftritt sagte. Sollte es Tesla tatsächlich gelingen, autonomes Fahren nur mit Kameras umzusetzen, wäre das ein deutlicher Kostenvorteil – und zudem mit mehreren Millionen Fahrzeugen, die bereits auf der Straße sind. Doch nach wie vor ist unklar, ob das Ziel mit Musks Methoden überhaupt zu erreichen ist.

In den vergangenen Monaten schwächte sich das einst rasante Wachstum von Tesla deutlich ab. Entsprechend ist auch der Aktienkurs deutlich von den einstigen Höchstständen entfernt, bei denen Tesla mehr als eine Billion Dollar wert war. Musk ist bekannt dafür, die Fantasie von Investoren immer wieder mit vollmundigen Versprechen und Zukunftsvisionen anzufachen. Der Aktienkurs ist nicht unerheblich für Musk: Die Tesla-Beteiligung macht einen Großteil seines Vermögens aus, das der Finanzdienst Bloomberg aktuell auf mehr als 250 Milliarden Dollar schätzt.