Vier Jahre Homeoffice sind genug. Der deutsche Arbeitnehmer soll zurück in die Büros, an die Kaffeemaschinen und in die Kantinen. Denn zu Hause ist das schlimmste Büro der Welt.
Von den Kacheln des Bildschirms starren einem die maskenhaften Gesichter der Kollegen entgegen, durch das geöffnete Fenster dringt das Piepen der Müllabfuhr ins Zimmer, der Kaffee neben der Tastatur wird langsam kalt. Ein Tag am schlimmsten Arbeitsplatz der Welt beginnt: dem Homeoffice.
Im Jahr 2020 hat die Corona-Pandemie aus dem Bürojob die Heimarbeit gemacht. Was lange nur ein Traum von Pendlern, Officemuffeln und Arbeitszeitbetrügern war, wurde über Nacht zur Realität. Kein Anspannen mehr, wenn der Chef den Flur entlangkommt, keine unangenehmen Gespräche an der Kaffeemaschine, keine Einladungen zum Feierabendbier vom Kollegen, der unbedingt zum Freund werden will.
Ach, wie hätte das alles doch schön sein können.
Homeoffice vom Prinzip her falsch
Als die Pandemie im April 2023 offiziell für beendet erklärt wird, hat sich längst eine neue Art zu arbeiten etabliert. Zwischen 2019 und 2022 vervierfachte sich die Zahl der Beschäftigten, die ausschließlich aus dem Homeoffice arbeiteten – von 674.000 auf 2,3 Millionen Arbeitnehmer.
Aus den eigenen vier Wänden wurde eine Zweigstelle der Firma, der Laptop zum Fenster in die Privatsphäre der Kolleginnen und Kollegen. Der konformistische Büroalltag wurde zu einer ausgedehnten Freiarbeitsphase, nur unterbrochen von gelegentlichen Videocalls. Das alles fühlte sich unzulässig an, verboten und vom Prinzip her falsch. Und genau das war es auch und ist es noch heute.
Das Ende des Homeoffice ist überfällig.
Arbeit darf erfüllen
So attraktiv die Vorstellung der scheinbar unkontrollierten Heimarbeit ist, so öde und ätzend ist sie in der Realität. Wer von zu Hause aus arbeitet, hat missverstanden, was „Arbeit“ im besten Fall sein kann: keine Maloche, die man auf der heimischen Couch absitzt, sondern eine Tätigkeit, die zwar nicht unbedingt erfüllend sein muss, aber wenigstens befriedigend sein kann.
Dieses Ideal ist im Homeoffice nicht zu erreichen. Zwischen Wäschewaschen, Kochen, Hausputz – diesen viel gelobten Vorzügen der Arbeit von zu Hause aus – ist kein Platz für professionelle Selbstverwirklichung, so banal und stupide sie manchem Angestellten auch erscheinen mag.
Wer Fan des Homeoffice ist, der ist auch Fan von kaltem Kaffee.
stern-Redakteurin Doris Schneyink hat eine Replik auf diesen Text geschrieben. Ihren Artikel „Homeoffice – die beste Erfindung, seit es den Kapitalismus gibt“ lesen Sie hier.
Dieser Artikel erschien zuerst im Juli 2024