Brückenschäden: Land will marode Brücken schneller wieder fit bekommen

Vor vier Wochen stürzte ein Teil der Dresdner Carolabrücke ein. Das facht die Diskussion um den Zustand der Straßen und Brücken auch in Baden-Württemberg an. Das Land will nun mehr Tempo machen.

Immer wieder müssen Brücken in Baden-Württemberg gesperrt werden, weil Spalten entstehen oder Stücke in die Tiefe fallen. Hunderte der in den 1960er bis 1980er Jahren gebauten Spannbeton- und Stahlbetonbrücken sind durch den jahrzehntelangen tonnenschweren Lkw-Verkehr und das Wetter brüchig geworden. Um bei der Sanierung mehr Tempo zu bekommen, hat die Landesregierung eine Sammelausschreibung für 31 Brücken an Bundesstraßen in die Wege geleitet. 

Ziel sei es, aufwendige Arbeiten zu bündeln, Synergieeffekte zu nutzen und Abläufe zu vereinfachen. So könnten mehr Vorhaben in kürzerer Zeit abgewickelt werden, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) in Stuttgart. Die gesamten Investitionskosten für die 31 Bauwerke samt Baukosten schätzt das Ministerium auf derzeit rund 150 Millionen Euro.

Die Zeit drängt. „Schnelles Handeln ist hier entscheidend – nicht nur wegen Sicherheitsbedenken, sondern auch, weil baufällige Brücken hohe volkswirtschaftliche Schäden verursachen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). 

Jede zehnte Brücke hat gravierende Mängel

Hermann geht davon aus, dass derzeit etwa jede zehnte Brücke auf einer Bundes- oder Landesstraße in Baden-Württemberg sanierungsbedürftig ist. Es steht dort also eine Instandsetzung, eine Ertüchtigung oder ein Ersatzneubau an. „Perspektivisch müssen jährlich bis zu 100 Brücken grundlegend instandgesetzt, ertüchtigt oder ersetzt werden“, sagte er. „Sollte dies nicht gelingen, könnte der Verkehr zunehmend eingeschränkt werden müssen – zum Beispiel, weil ganze Brücken gesperrt werden müssen.“ Betroffen wären vor allem Unternehmen, weil zunächst der Schwerverkehr eingeschränkt werde.

Außerdem gibt es nach Angaben Hermanns einen zunehmend wachsenden Sanierungsstau, weil in den vergangenen Jahrzehnten zu viel in den Neubau und zu wenig in den Erhalt investiert wurde. Laut Ministerium kommen immer mehr Brücken aus den „Boomerjahren des Straßenbaus“ altersbedingt in die Sanierungs- oder Abbruchphase. Zudem hätten sich viele Bautechniken, die damals als gut galten, inzwischen als problematisch erwiesen. 

„Wir müssen deutlich mehr tun“, sagte Hermann. Er verwies zwar auch auf Personalprobleme. Dennoch müsse es das Ziel sein, die Sanierungsmittel kontinuierlich auf 300 Millionen Euro im Jahr fast zu verdoppeln, sagte der Minister, ohne einen Zeitraum zu nennen. 

Die Straßenbauverwaltung in Baden-Württemberg ist verantwortlich für etwa 4000 Bundesstraßen- und rund 3300 Landesstraßenbrücken.

FDP spricht hingegen von Schildbürgerstreich

Die oppositionelle FDP ist keineswegs überzeugt und spricht von einem „Schildbürgerstreich“. Zum einen seien die künftigen Investitionen nicht gesichert. Zum anderen hätte die sinnvolle Maßnahme der Sammelausschreibung längst umgesetzt werden können. Bemerkenswert sei auch, dass zunächst keine Brücken auf Landesstraßen saniert würden. „Auch dort finden Schwertransporte statt, die die Brücken erheblich belasten“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Partei im Landtag. „Im Gegensatz zu Bundesstraßen braucht man hierfür aber Landesgeld.“

Sorgen nach Dresdner Brückeneinsturz

Für Aufsehen und Sorgen hatte vor einem Monat der Einsturz eines Teils der Carolabrücke gesorgt, die nahe der Dresdner Altstadt die Elbe überspannt. Verletzt worden war niemand. Die Brücke – eine der wichtigsten Verkehrsadern der Dresdner Innenstadt – galt schon lange als Sanierungsfall. In den vergangenen Jahren wurden bereits die beiden Stränge der Brücke saniert, über die der Autoverkehr lief. Für das nächste Jahr war die Sanierung des nun eingestürzten Brückenzuges geplant, auf dem unter anderem Straßenbahnen fuhren.