Angeklagter Rapper: 120 mutmaßliche Opfer, kaum Unterstützer – wer noch zu P. Diddy hält

Seit drei Wochen sitzt P. Diddy in New York in Haft. Die Zahl der Anklagen gegen ihn ist dreistellig. Nur ganz wenige Menschen stehen (noch) auf der Seite des Rappers.

Janice Combs macht, was wohl die meisten Mütter tun würden: Sie hält zu ihrem Sohn Sean „Diddy“ Combs: „Diese Lügen, die man ihm an den Kopf wirft, sind von Leuten motiviert, die finanzielle Vorteile wollen, nicht Gerechtigkeit“, sagt sie trotzig. Er sei nicht das Monster, für das ihn alle hielten.Das steht in der Anklageschrift gegen P. Diddy 19.40

Doch die Anklagen gegen Sean Combs – alias Puff Daddy, P. Diddy oder Brother Love – wiegen schwer und sind in ihrer Dimension und Heftigkeit fast unerträglich. Insgesamt 120 mutmaßliche Opfer haben Klage gegen P. Diddy eingereicht. Die Vorwürfe reichen von Menschenhandel und organisierter Kriminalität bis hin zu sexuellem Missbrauch. Mitte September wurde der Musiker, Produzent, Spirituosenunternehmer und Inhaber einer Modelinie in New York festgenommen. Seit drei Wochen sitzt er nun in New York in Haft – in einem der härtesten Gefängnisse der Stadt

Auf seinen einst als legendär geltenden Partys soll P. Diddy immer wieder Frauen zu sexuellen Handlungen gezwungen haben, lautet ein zentraler Vorwurf. Zum Teil sollen auch andere Prominente dabei gewesen sein, wie angeblich Videos von den Feiern belegen. Ein vor wenigen Tagen veröffentlichtes Video aus dem Jahr 2016 zeigt den Angeklagten, wie er in einem Hotel eine Frau verfolgt, sie aufs Übelste verprügelt und eine Vase nach ihr wirft. Bei der Frau handelte es sich um P. Diddys damalige Lebenspartnerin Cassandra „Cassie“ Ventura. 

FS Diddy Sean Combs Freundinnen

Die Szenen in dem Überwachungsfilm sind so brutal, dass Diddy sich gezwungen sah, Stellung zu beziehen. In einem Video auf Instagram entschuldigte er sich für sein Verhalten. 

Das könne ein juristischer Fehler gewesen sein, kommentierte der Anwalt Ben Chu, der Johnny Depp in seiner gerichtlichen Auseinandersetzung mit dessen Ex-Frau Amber Heard verteidigt und dadurch große Berühmtheit erlangt hat. Obwohl das Vergehen im Video längst verjährt sei, könne es in anderen Verfahren gegen P. Diddy noch von Bedeutung sein, warnt Chu. Die Entschuldigung rieche „absolut nach Unaufrichtigkeit“, lautet sei Urteil.

Auf P. Diddys legendären „White Parties“ waren mehr als 1000 Gäste

Noch im April hatten Anwälte des Musikers alle Vorwürfe gegen ihren Mandanten abgestritten. Dieser sehe sich im Gegenteil selbst als Opfer willkürlicher Unterstellungen. Aaron Dyer, einer von Diddys Anwälten, hatte damals die Mitte März angeordneten Hausdurchsuchungen bei seinem Mandanten als „beispiellosen Hinterhalt“ und eine „Hexenjagd“ bezeichnet.

Tony Buzbee (M), Anwalt aus Houston, gibt auf einer Pressekonferenz in seinem Büro bekannt, dass er 120 Menschen vertritt, die sexuelles Fehlverhalten gegen den Rapper Sean „Diddy“ Combs vorgebracht haben
© DPA

Seither hatte P. Diddy sein Anwaltsteam weiter verstärkt. Neben dem Verteidiger Marc Agnifilo und dem Prozessanwalt Anthony Ricco engagierte er inzwischen auch die Anwältin Alexandra Shapiro. Diese reichte Anfang Oktober eine Absichtserklärung ein, in Berufung gehen zu wollen, um die Freilassung des Angeklagten zu erwirken. Zwei vorangegangene Versuche, Diddy auf Kaution freizubekommen, waren aufgrund der Schwere der Anschuldigungen gescheitert.

Nur wenige bekennen sich zu P. Diddy

Neben seiner Mutter und seinen Anwälten hat der Hunderte Millionen Dollar schwere Diddy nur wenige offizielle Unterstützer. Einer von ihnen ist sein Kumpel Stevie J. Gegen den Songwriter und Produzenten läuft ebenfalls eine Anklage wegen Menschenhandels und Erpressung. Stevie J. bezeichnet die Anschuldigungen gegen seinen Freund wahlweise als Lüge und vermutet Geldgier dahinter, oder redet sie klein und behauptet: Was immer eine Privatperson in ihrer Freizeit mache, gehe niemanden etwas an. 

Der Rapper Uncle Luke sieht hinter den Anschuldigungen gegen P. Diddy gar eine Verschwörung der Musikindustrie, um den mächtigen Musiker zu kontrollieren. Außerdem habe dieser bei den mutmaßlichen Taten unter dem Einfluss von Drogen gestanden. Und der US-Profiboxer Floyd Mayweather äußert auf Instagram seine Unterstützung mit der simplen Botschaft: „Fehler passieren – und ich werde nichts Schlechtes gegen ihn sagen, denn er ist ein schwarzer Mann“.

Immerhin drei Prominente, die öffentlich zu ihm stehen. Angesichts von mehr als 1000 Menschen, die mit P. Diddy seine legendären „White Parties“ feierten, gibt es erstaunlich wenige Unterstützer. Die meisten seiner „Freunde“ ducken sich nun offenbar lieber weg.