Im ersten Verfahren war der Vater noch zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. In einem zweiten Prozess sind es zwei Jahre. Diese Strafe ist durch die lange Untersuchungshaft verbüßt.
Nach dem Tod eines Säuglings vor fünf Jahren in der elterlichen Wohnung hat das Landgericht Aachen den Vater nach Aufhebung des ersten Urteils zu einer deutlich geringeren Strafe verurteilt. Der 42-Jährige erhielt wegen fahrlässiger Tötung eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. In einem ersten Prozess war er 2019 wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit versuchtem Mord durch Unterlassen zu einer Haftstrafe von sieben Jahren verurteilt worden.
Die Revision gegen dieses Urteil hatte Erfolg: Der Bundesgerichtshof hob es 2021 komplett auf. Der Angeklagte hatte da schon zweieinhalb Jahre in Untersuchungshaft gesessen. Er erhält eine Entschädigung für „übermäßig verbüßte U-Haft“. „Nicht alles ist optimal gelaufen“, sagte der Vorsitzende Richter über das erste Verfahren. Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer eine Strafe von zwei Jahren und neun Monaten Haft beantragt, die Verteidigung einen Freispruch.
Der kleine Ben, ein Wunschkind, war im März 2019 in der elterlichen Wohnung in Alsdorf bei Aachen an den Folgen eines Schädelbruchs gestorben. Das Gericht ging in seinem Urteil davon aus, dass das Kind kurz zuvor in der Obhut des Vaters auf den Kopf gefallen war und diese Verletzung zu einer stetigen Verschlechterung seines Zustands geführt hatte. Der unbescholtene Angeklagte hatte seine Unschuld beteuert und dabei die Unterstützung seiner Lebensgefährtin und Familie. Er hörte der Begründung gefasst zu.
Gericht sieht „Momentversagen“
Am Tag, als das Kind starb, war die Mutter im Krankenhaus. Das Paar tauschte immer wieder Textnachrichten und Fotos aus. Dabei ging es auch um den Gesundheitszustand des fiebrigen kleinen Sohnes. Dann zeigte ein in der Nacht verschicktes Video das Kind mit unregelmäßiger Schnappatmung. Nach Einschätzung der Sachverständigen hatte der Sterbeprozess da begonnen. Das Gericht meinte, der Angeklagte habe die Dramatik unterschätzt und nicht erkannt, dass sein Sohn sterben würde. Es handele sich um ein „Momentversagen“. Selbst wenn der Vater sofort den Notarzt gerufen hätte, hätte das Kind unter Umständen nicht gerettet werden können.
Die Kammer übte auch Selbstkritik wegen der langen Verfahrensdauer nach Aufhebung des ersten Urteils. „Der Angeklagte musste über drei Jahre warten“, sagte der Vorsitzende Richter und verwies auf die Beanspruchung durch andere Verfahren und Haftsachen.