Alle sind verliebt in „Nobody wants this“! Und das nicht nur, weil Kristen Bell und Adam Brody in der RomCom-Serie mit Beziehungs-Klischees aufräumen
Hach, wir lieben RomComs! Sie sind – besonders an Herbstabenden – der perfekte Rückzugsort, in dem das Kennenlernen und Lieben ein bisschen chaotischere und lustigere Wege nimmt als im echten Leben. Mit einem Haken: Gerade ältere Romantic Comedys wie „Eine wie keine“ oder „Wie werden ich ihn los in 10 Tagen“ verherrlichen, wenn man die süße Romantiksoße mal abkratzt und die Lacher verklungen sind, in Wahrheit oft ungesundes Beziehungsverhalten. Viel zu oft startet die Serien- oder Film-Romanze mit einer Täuschung – beispielsweise einer Wette oder Verwechslung. Und auch im Verlauf wird es nicht besser. Toxisches Verhalten wird als humorvoll, irgendwie süß dargestellt. Frauen und Männer verbiegen sich, lügen, betrügen oder tun Dinge, die eigentlich ihren Werten widersprechen, nur um zum Happy End zu gelangen.
Die Miniserie „Nobody Wants This“ ist deshalb eine Wohltat nicht nur aus Unterhaltungsgründen, sondern auch aus Beziehungsvorbild-Sicht. Zum ersten Mal seit langer Zeit sieht man zwei Menschen dabei zu, wie sie eine reife, ehrliche und respektvolle Partnerschaft beginnen.
Liebesgeschichte ohne Stereotype
Disclaimer: Achtung, Spoiler!
Und so geht es los: Joanne (gespielt von Kristen Bell) ist eine erfolgreiche Podcasterin, die mit ihrer Schwester Morgan über ihr chaotisches Dating-Leben spricht. Noah (Adam Brody), ein moderner Rabbi, hat gerade seine langjährige, von seiner Familie verehrte Freundin in die Wüste geschickt hat. Als sich die beiden bei einem Abendessen kennenlernen, stimmt die Chemie auf Anhieb. Aus dem ersten Gespräch wird ein Date. Und daraus eine Beziehung voller Aufs, Abs und viel Selbstreflektion.
„Ist das nicht sehr erwachsen von mir?“, ist ein Satz, der mehrfach fällt. Joanne, die bisher immer weggerannt ist, wenn es mit einer Liebe zu ernst wurde, hat endlich das Bedürfnis, zu bleiben und sich nicht nur dem anderen, sondern auch ihren eigenen Ängsten zu stellen. Noah, der bislang eine Biografie im Sinne seiner Familie gelebt hat, beginnt damit, sich und seine eigentlichen Wünsche zu behaupten.
Erstes Date im Sexshop: Joanne (Kristen Bell) und Noah (Adam Brody) zeigen, wie man sich mit Neugier und wenig Wertung aufeinander einlassen kann
© Adam Rose/Netflix via AP
Was die Serie dabei so anrührend macht: Sie zeigt reale Herausforderungen zweier ungleicher Charaktere. Kulturellen Unterschiede, Unsicherheiten, die bei Mittdreißigern nicht ausbleiben, typische Missverständnisse beim Kennenlernen. Und dennoch können die Zuschauer den Protagonisten beim Zusammenwachsen zusehen. Zwei Menschen mit Vergangenheit treffen sich und verhandeln ihre Grenzen und Wünsche. Und das alles, ohne die Figuren zu Stereotypen zu machen.
Ganz im Gegenteil. Noah ist ein Mann, der „emotional verfügbar“ und liebevoll ist. Er hört Joanne zu. Er unterstützt sie. Und er gibt ihr Raum zum Wachsen. Er ist nicht der typische „Retter“, er lässt seiner Freundin ihre Autonomie und Unabhängigkeit. Joanne hingegen ist verletzlich, manchmal chaotisch, vielleicht auch ein bisschen überfordert. Aber das ist kein Makel, sondern eine Eigenschaft, die Noah an ihr schätzt. Sie darf authentisch sein. Ist nicht „zu viel“, wie zuvor so oft. Und sie darf von einem Mann alles erwarten, mehr als nur das Bare Minimum. Dabei steht sie für sich ein. Keine faulen Kompromisse, das ist ihr Motto.
Der „Igitt“-Moment als Paradebeispiel
Im Laufe der Episoden entwickeln sich die beiden Figuren weiter. Wie zwei Erwachsene, die noch lernen dürfen. Die Konflikte in der Serie – etwa Joannes Beziehungsängste oder die Erwartungen von Noahs Familie – werden intelligent gelöst, ganz ohne großes Drama. Das zeigt sich besonders in Folge 6, „Das Igitt“. Die Episode erzählt den Moment, in dem man plötzlich das Interesse an einem romantischen Partner verliert, weil dieser etwas Unangenehmes oder Peinliches tut. Joanne erlebt ihren „Igitt“-Moment, als Noah verzweifelt versucht, bei ihren Eltern Eindruck zu schinden. Er trägt einen peinlichen „Sport-Blazer“ zu Basketball-Shorts, überreicht einen überdimensionalen Strauß Sonnenblumen und verhält sich vor lauter Nervosität plötzlich wie eine andere Person. Für Joanne wird Noah in diesem Moment das erste Mal unattraktiv. Es ist dieser „Igitt“-Moment, der in der schnelllebigen Dating-Welt nicht selten zum sofortigen Beziehungsende führt. „Nobody Wants This“ macht die „Igitt“-Erfahrung zwar auch zu einem Wendepunkt, aber eben nicht zum Ende der Beziehung. Die Message: Nicht gleich durchdrehen, wenn die Realität anklopft!Trennung loslassen Interview 20:47
Kommunikation statt Manipulation
Überhaupt konzentriert sich die Serie auf authentische Konflikte und deren Lösung durch offene Kommunikation. Dadurch entsteht ein realistischeres Bild davon, was es braucht, um eine stabile Beziehung aufzubauen. Auf den ersten Blick scheint die Beziehung zwischen Noah und Joanne zum Scheitern verurteilt, denn zahlreiche Herausforderungen stehen im Weg. Doch „Nobody Wants This“ zeigt, dass fast alles möglich ist, wenn man offen miteinander umgeht, über Gefühle spricht und den Mut hat, verletzlich und intim zu sein. Kommunikation und Verständnis statt Illusionen, Manipulationen oder Täuschungen.
In einem Genre, das vor allem Frauen immer noch gern suggeriert, eine Beziehung sei das Lebensziel, für das man aber auch wirklich alles tun sollte, ist diese Serie wie eine Freundin, die sagt: Du darfst mehr erwarten! Von der Liebe. Und von Dir selbst.