Papst Franziskus hat bei einem Belgien-Besuch Kritik an der schleppenden Aufklärung von Kindesmissbrauch durch Kleriker zu hören bekommen. Der belgische König Philippe und Regierungschef Alexander De Croo forderten rasche Taten statt nur Worte. Franziskus sagte, die Kirche müsse sich schämen und die Opfer um Vergebung bitten.
Das belgische Königspaar Philippe und Mathilde hatte den Papst zum Auftakt seines dreitägigen Belgien-Besuchs auf Schloss Laeken bei Brüssel eingeladen. In seiner Begrüßungsrede kam der König nach einer kurzen Einleitung auf den „abscheulichen Missbrauch“ von Kindern und Erwachsenen durch Kleriker zu sprechen. Es habe „viel zu lange gedauert“, bis die Hilferufe der Opfer gehört worden seien, kritisierte der Monarch.
Der scheidende Regierungschef De Croo sagte, die vielen Fälle von Missbrauch sowie Zwangsadoptionen von Kindern hätten das Vertrauen in die katholische Kirche schwer beschädigt. „Worte reichen nicht aus, es müssen konkrete Schritte unternommen werden“, forderte der flämische Liberale. Die Kirche müsse die „Verbrechen“ anerkennen.
Der 87-jährige Pontifex nannte Kindesmissbrauch in seiner Ansprache eine „Geißel“. Die Kirche müsse „alles in ihrer Macht Stehende tun, damit so etwas nicht wieder vorkommt“. Nach seinem Amtsantritt 2013 hatte der Argentinier Aufklärung zugesagt.
Abseits der Öffentlichkeit wollte sich der Papst nach Angaben seines Umfelds mit 15 Opfern sexueller Gewalt treffen. Viele Geschädigte erwarten die Anerkennung ihres Leids und Entschädigungszahlungen, wie eine Opfergruppe bereits Anfang September in einem offenen Brief an Franziskus geschrieben hatte.
Erst am Donnerstag hatte das belgische Parlament einen neuen Untersuchungsausschuss auf den Weg gebracht. Er soll die Vergehen des früheren Bischofs von Brügge untersuchen, den der Papst im März aus dem Klerikerstand entlassen hatte.
Der frühere Bischof Roger Vangheluwe hatte das Kirchenamt in Brügge bereits 2010 niedergelegt, nachdem bekannt wurde, dass er jahrelang einen seiner Neffen sexuell missbraucht hatte. Danach kamen weitere Fälle ans Licht. Vor rund einem Jahr rüttelte zudem eine vierteilige Fernsehdokumentation unter dem Titel „Gottvergessen“ Belgien auf. Darin äußerten sich erstmals viele Opfer von Übergriffen durch Kleriker.
Der Papst zeigte sich in seiner Rede zudem „traurig“ über Zwangsadoptionen, die in Belgien von den 1940er bis 1980er Jahren gängig waren. Dabei wurden unverheirateten Müttern – teils selbst Vergewaltigungsopfer – ihre Kinder weggenommen und Nonnen zur Erziehung übergeben. In Berichten ist von 30.000 Fällen die Rede.
Eines der Opfer ist Lieve Soens. Die heute 50-Jährige sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Worte des Papstes seien ein „guter Anfang“. Sie verfolgte die Rede mit anderen Gewaltopfern und Zwangsadoptierten im Königsschloss, ein von Soens erhofftes Treffen mit Franziskus kam aber nicht zustande.
Am Nachmittag wurde der Papst an der Katholischen Universität Löwen erwartet. Die Hochschule feiert 2025 den 600. Jahrestag ihres Bestehens. Am Samstag trifft Franziskus Gläubige in der Brüsseler Nationalbasilika des Heiligen Herzen, die zu den größten Kirchen der Welt zählt.
Höhepunkt der Papst-Reise ist eine Messe im Brüsseler Fußballstadion am Sonntag, zu der 35.000 Menschen erwartet werden. Am Mittwoch hatte der Papst bereits Luxemburg besucht und unter anderem das Großherzogspaar Henri und Maria Teresa getroffen. In einer Rede rief er zu größeren Friedensbemühungen weltweit auf.
lob/yb