Janneke und Brix verabschieden sich nach zehn Jahren vom Frankfurter „Tatort“. Ihr letzter Fall dreht sich um einen Psychologen auf Abwegen.
Ein letztes Mal gehen Anna Janneke und Paul Brix auf Verbrecherjagd. Nach zehn Jahren und 19 Fällen beim Frankfurter „Tatort“ machen Margarita Broich (64) und Wolfram Koch (62) Schluss mit ihren beliebten Rollen. Der „Tatort: Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh’n“ (29. September, 20:15 Uhr, das Erste) hat deshalb die schwere Aufgabe, ihnen ein würdiges Ende zu bereiten – und nebenbei muss das eingeschworene Team natürlich auch noch einen äußerst verstrickten Fall um seinen eigenen Opferbetreuer lösen.
Darum geht es im „Tatort: Es grünt so grün, wenn Frankfurts Berge blüh’n“
Tristan Grünfels (Matthias Brandt, 62), psychologischer Psychotherapeut und Opferbetreuer bei der Frankfurter Polizei, hat eigentlich alles, was man sich wünschen kann: ein großes Haus, eine Frau, zwei Kinder und einen guten Job. Trotzdem ist sein Leben aus den Fugen geraten. Er hat immer wieder Aussetzer, führt Selbstgespräche und sieht sich selbst sein Handeln kommentieren.
Die sich anbahnende Psychose gipfelt darin, dass der kunstliebende Grünfels bei der Rettung eines Gemäldes vom Sperrmüll im Affekt eine Ordnungsbeamtin erschlägt. Als er den Mord bei seinen Kollegen der Frankfurter Polizei gestehen will, spannt ihn Anna Janneke wegen eines Missverständnisses stattdessen aber als Opferbetreuer für Mann und Sohn der Getöteten ein – von da an ist Grünfels hautnah bei den Ermittlungen an seiner eigenen Tat dabei.
Es entspinnt sich ein Spiel aus Verstrickungen, in das dann auch noch die Frankfurter Unterwelt einbezogen wird. Grünfels‘ Bruder Hagen wird wegen seiner Spielsucht nämlich ausgerechnet von dem Rotlichtboss erpresst, den Paul Brix des Mordes an einem seiner Informanten verdächtigt. Grünfels will ihm helfen – weil seine Frau aber eine Affäre hat, seine Tochter schwanger ist und sein Sohn eh nicht macht, was der Vater will, drehen die Nerven des Psychologen auf Abwegen völlig durch …
Lohnt sich das Einschalten?
Definitiv. Der Täter steht in diesem Tatort ausnahmsweise mal direkt fest, weil man ihn bei seiner Tat begleitet und durch sein imaginiertes Über-Ich seine Gefühle dazu erfährt. Das schafft eine ungewöhnliche Nähe zu dem Mörder, immer tiefer wird man selbst in seine psychologischen Abgründe hineingezogen. Es ist ein stetes Schwanken zwischen Mitleid und Verachtung für den Täter, dessen angehende Psychose Matthias Brandt ausgesprochen packend darstellt. Als dann auch noch das Rotlichtmilieu mit in den Fall gezogen wird, wird es zwar stellenweise etwas absurd, bleibt auf seine Art aber auch schlüssig und spannend.
Das Motiv des „Wanderers über dem Nebelmeer“ von Caspar David Friedrich (1774-1840) als Symbolbild für ungestillte Sehnsucht zieht sich von der ersten Sekunde an durch den Film und wird von Kunstfans auch sicher direkt als dieses erkannt. In Kombination mit der von Richard Wagner (1813-1883) inspirierten Filmmusik – wie Friedrich ein Romantiker, auch der Name „Grünfels“ könnte auf Wagner und seinen grünen Hügel in Bayreuth anspielen – bildet das eine besonders sehnsuchtsvolle Atmosphäre. „Das Bild war von Anfang an ein Schlüssel, aus dem die Geschichte überhaupt entstanden ist. Es war eine wunderbare Möglichkeit, den inneren Druck von Tristan Grünfels sichtbar zu machen“, erklärt der Drehbuchautor Michael Proehl (48) dazu. Eine Möglichkeit, die er überaus gut genutzt hat.
Brix und Janneke leben in diesem Fall mehr in ihrer eigenen Welt. Nicht nur einmal möchte man den Ermittlern zurufen, endlich aufzuwachen und die Zusammenhänge zu verstehen. Doch jedes Mal, wenn sie kurz davor sind, werden sie gestört. Ein kleiner Kniff im „Tatort“, der den Film extra spannend macht, einen aber auch zur Verzweiflung treiben kann.
Alles in allem ist es ein mehr als würdiger letzter Fall für Margarita Broich und Wolfram Koch – auch wenn sich so mancher „Tatort“-Fan das Ende sicher anders gewünscht hätte …