Das höchste deutsche Strafgericht hat sich ein Fax ans Münchner Finanzamt vorgeknöpft. Denn in dem Schreiben leugnet eine Frau passagenweise den Holocaust. Ist das Volksverhetzung?
Der Bundesgerichtshof entscheidet am Mittwoch (11.00 Uhr) dazu, ob die Leugnung des Holocausts auch in einem Schreiben ans Finanzamt als Volksverhetzung zu bestrafen ist. Konkret geht es um Sylvia Stolz aus dem oberbayerischen Ebersberg, die schon zwei Mal wegen Volksverhetzung im Gefängnis saß. 2021 schickte sie ein 339 Seiten langes Fax an das Finanzamt München, in dem sie passagenweise den Holocaust leugnete. Vor Gericht ging es anschließend um die Frage: Ist das strafbar? (Az. 3 StR 32/24)
Das Landgericht München II fand: nein – und sprach Stolz frei. Da sich im Finanzamt nur wenige Menschen mit den Ausführungen befassten und diese der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, sah die 4. Strafkammer unter anderem mit Verweis auf die „hohe Datensensibilität der Finanzbehörden“ kein Verbreiten im Sinne des Straftatbestandes. Die Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil Revision ein, sodass die Sache zum Fall für das höchste deutsche Strafgericht in Karlsruhe wurde.
In der Verhandlung im August ging es dort vor allem darum, wann von einer Verbreitung die Rede sein kann. Die Bundesanwaltschaft argumentierte, auch bei einem Fax ans Finanzamt sei mit einer Kettenverbreitung zu rechnen. Der Absender könne den Personenkreis nicht kontrollieren, an den das Schreiben weitergereicht wird. Stolz‘ Anwalt entgegnete, selbst bei einer Weitergabe an Strafverfolgungsbehörden hätten immer nur jene Menschen damit zu tun, die sich damit dienstlich befassten. Das sei ein eng begrenzter Personenkreis.