In einem Schreiben an das Finanzamt den Holocaust zu leugnen, ist keine Volksverhetzung. Mit dem Steuerverfahren, mit dem der strittige Brief zusammenhing, seien nur wenige Menschen beruflich befasst, erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in Karlsruhe. Das grundsätzlich strafbare Leugnen des Holocausts wurde demnach nicht verbreitet und fällt nicht unter den Tatbestand der Volksverhetzung. (Az. 3 StR 32/24)
Es ging um eine bereits mehrmals wegen Volksverhetzung vorbestrafte Frau. Im August 2023 stellte das Landgericht München II fest, dass Sylvia S. in ihrem mehrere hundert Seiten langen Schreiben an die Behörde zwar den Holocaust geleugnet habe. Vom Vorwurf der Volksverhetzung sprach es sie aber trotzdem frei.
Es sah den Tatbestand nicht erfüllt, weil die Angeklagte ihre Thesen nicht öffentlich verbreitet, sondern nur an das Finanzamt geschickt habe. Die Angeklagte habe damit gerechnet, dass ihr Schreiben als Einspruch in dem Steuerverfahren behandelt werde und nur die Sachbearbeiterinnen oder Sachbearbeiter es lesen würden, befand das Münchner Gericht.
Daraufhin wandte sich die Staatsanwaltschaft an den BGH, um das landgerichtliche Urteil überprüfen zu lassen. Die Angeklagte habe nicht kontrollieren können, an wen ihr Schreiben weitergeleitet werde, argumentierte sie. Der BGH verwarf nun aber die Revision. Er fand keine Rechtsfehler im Urteil des Landgerichts.
Als Volksverhetzung kann die Leugnung des Holocausts demnach nur dann verurteilt werden, wenn die Äußerungen in einer bestimmten Weise getätigt werden – beispielsweise verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das sei hier nicht geschehen. Das gelte auch, wenn die Angeklagte sich vorgestellt habe, dass es zu einem Strafverfahren komme und dadurch weitere Menschen ihr Schreiben lesen würden.