Immer mehr Menschen kehren der Kirche den Rücken – das belastet zum einen die Finanzen und hat zum anderen eine Debatte über die noch immer gezahlten Staatsleistungen ausgelöst.
Jedes Jahr treten Hunderttausende aus der katholischen Kirche aus – und das belastet zunehmend auch die Finanzen. „Wir merken einfach, dass diese Konsequenzen sich in den Diözesen jetzt finanziell sehr deutlich zeigen“, sagte die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, Beate Gilles, zum Auftakt der viertägigen Herbstvollversammlung der Bischöfe in Fulda.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte, die hohe Zahl der Kirchenaustritte sei alarmierend. „Das ist ein Dauerthema“, so der Limburger Bischof. „Das kann uns nicht einfach unbesorgt lassen, ganz im Gegenteil, das muss uns wachrütteln. (…) Wir müssen uns alle der Frage stellen: Wie geht Glaube, katholische Kirche, Kirchenbindung mit Säkularität in einer liberalen Gesellschaft zusammen? Und wie geht es hoffentlich nicht immer weiter auseinander?“
Mehr als 400.000 Austritte
Allein im vergangenen Jahr waren in Deutschland mehr als 400.000 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten – etwas weniger als im Negativrekord-Jahr 2022. Damals hatten mehr als eine halbe Million Menschen der Kirche den Rücken gekehrt. Nach den aktuell verfügbaren Zahlen gehören noch 20,3 Millionen Menschen der katholischen Kirche an. Die 20-Millionen-Marke könnte im laufenden Jahr aber erstmals unterschritten werden.
Auch angesichts der hohen Zahl an Austritten läuft derzeit eine Diskussion darüber, ob die sogenannten Staatsleistungen an die Kirche beendet werden sollten. Die katholische und die evangelische Kirche bekommen diese Zahlungen wegen der Enteignung deutscher Kirchen und Klöster Anfang des 19. Jahrhunderts im Rahmen der Säkularisierung. Außer Hamburg und Bremen zahlen deshalb alle Bundesländer eine jährliche Summe an die katholische und die evangelische Kirche. Zuletzt waren es bundesweit insgesamt rund 550 Millionen Euro pro Jahr.
Ampel will Gesetzentwurf vorlegen
Die Ampel-Koalition will noch im Herbst einen Gesetzentwurf zur langfristigen Abschaffung von Staatsleistungen an die Kirchen vorlegen, obwohl die Bundesländer das Projekt ablehnen. Die Reform soll so gestaltet werden, dass der Bundesrat nicht zustimmen müsste.
Bätzing sagte dazu, das Thema werde bei der Vollversammlung bis Donnerstag keine große Rolle spielen. „Wir sind gesprächsbereit, wir sind auch einbezogen in die Gespräche, aber wir sind nicht die Akteure“, stellte er klar. „Und deshalb kann es auch keinen Kompromissvorschlag unsererseits geben.“ Die Bischöfe seien offen für eine Lösung, diese müsse aber mit den Ländern und den Kirchen gut abgestimmt sein. „Nur in dieser Drehangel, glaube ich, ist da eine Lösung zu finden.“
Keine deutschen Frauen nach Rom
Ein wichtiges Thema für Katholiken ist derzeit die im nächsten Monat anstehende Weltsynode in Rom. Bätzing kritisiert, dass dazu keine Frauen aus Deutschland eingeladen worden sind. „Ich bedaure das sehr, dass keine Frau aus Deutschland berufen worden ist, zumal sich ja vieles nahegelegt hätte durch unsere gemeinsame Arbeit im Synodalen Weg, wo sich profilierte Personen, Frauen auch gezeigt hatten“, sagte er. Der Synodale Weg ist der Reformprozess der deutschen Katholiken, der im Vatikan viel Misstrauen hervorgerufen hatte.
Unter den 360 Teilnehmern der römischen Weltsynode sind erstmals auch katholische Laien, darunter etwa 50 Frauen. Die Deutsche Bischofskonferenz hatte auch Frauen aus Deutschland vorgeschlagen, darunter die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter Karp. „Aber der Papst ist frei in seinen Berufungen, die er zusätzlich zu den gewählten Mitgliedern der Bischofskonferenzen beruft, und hat das bedauerlicherweise nicht getan“, sagte Bätzing. Die Weltsynode hatte im vergangenen Jahr erstmals getagt und soll Ende Oktober mit der zweiten Runde der Beratungen abgeschlossen werden.