Das Kennenlernen geht weiter: Die potenziellen Partner einer künftigen Sachsen-Koalition tasten sich ab, um Sondierungen und Koalitionsverhandlungen vorzubereiten. Erstmals tagt man in größerer Runde.
Die möglichen Partner einer neuen sächsischen Regierung tagen zur Stunde erstmals zu dritt. Bei dem Treffen von CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD in der Staatskanzlei in Dresden soll es zunächst um ein weiteres Kennenlernen und gemeinsame thematische Schnittmengen gehen. Jede Partei stellt fünf Vertreter. Auf Seiten der Union sind laut CDU-Zentrale unter anderen CDU-Landeschef und Ministerpräsident Michael Kretschmer, Kultusminister Christian Piwarz und Fraktionschef Christian Hartmann dabei. Die „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) nannte zuvor für die SPD die beiden Parteivorsitzenden Kathrin Michel und Henning Homann, SPD-Spitzenkandidatin und Sozialministerin Petra Köpping, Wirtschaftsminister Martin Dulig sowie Fraktionschef Dirk Panter. Beim BSW gehört laut LVZ die Führungsriege mit Sabine Zimmermann und dem Co-Vorsitzenden Jörg Scheibe dazu.
Für Fortsetzung der alten Koalition reicht es nicht mehr
Bei der Wahl am 1. September hatte die CDU mit 31,9 Prozent der Stimmen nur knapp vor der AfD (30,6 Prozent) gelegen. Das BSW schaffte aus dem Stand auf 11,8 Prozent und ließ SPD (7,3 Prozent) und Grüne (5,1) weit hinter sich. Die Linke scheiterte mit 4,5 Prozent zwar an der Fünf-Prozent-Hürde, zieht aber nach dem Gewinn zweier Direktmandate trotzdem mit insgesamt sechs Abgeordneten ein. Für eine Fortsetzung der alten Koalition aus CDU, SPD und Grünen reicht es nicht mehr. Eine Koalition mit der AfD schließt die CDU strikt aus. Die Union ist bei einer Mehrheitsregierung deshalb zwingend auf das BSW angewiesen, das erst wenige Monate nach seiner Gründung Verantwortung übernehmen müsste. Ein Bündnis aus CDU, BSW und SPD wurde zuletzt als „Brombeer-Koalition“ bezeichnet, weil diese Frucht in ihren verschiedenen Reifegraden die Parteifarben abbildet.
CDU und SPD äußern im Vorfeld Skepsis gegenüber BSW
Im Vorfeld hatten sich CDU und SPD skeptisch über das BSW geäußert. Vor allem die CDU sorgte mit widersprüchlichen Signalen für Verwirrung. Während Kretschmer mit Zuversicht auf die weiteren Gespräche mit dem BSW und der SPD blickte, sendete die CDU-Zentrale in Berlin anderslautende Botschaften. CDU-Chef Friedrich Merz hielt in der Vorwoche Koalitionen mit dem BSW in Thüringen oder Sachsen für „sehr, sehr, sehr unwahrscheinlich“ und nannte eine Duldung oder andere Formen der Zusammenarbeit als Alternative.
Die SPD machte ihre Skepsis vor allem an BSW-Namensgeberin Sahra Wagenknecht fest. „Sie tritt für Positionen ein, die sich mit der SPD-Sicht schwer vereinbaren lassen. Das fängt bei der Ukraine-Politik an und hängt auch damit zusammen, wie sich Sahra Wagenknecht selber inszeniert“, betonte Parteichef Homann. Für die SPD sei es wichtig, Populismus aus dem Regierungshandeln herauszuhalten.
BSW fordert neue politische Kultur in Sachsen
BSW-Landesvorsitzende Zimmermann forderte am Wochenende dagegen eine neue politische Kultur in Sachsen ein. Ihre Partei sei angetreten, „um eine Befriedung der Gesellschaft, eine Einigung der Bevölkerung hinzubekommen“. Dazu gehöre beim Blick auf die jüngere Geschichte auch ein Corona-Untersuchungsausschuss. Man brauche in Sachsen einen Neustart und eine Politik des gesunden Menschenverstandes. Vorwürfe, das BSW stehe für Populismus und Stalinismus oder werde „vom Kreml gesteuert“, seien Blödsinn und entbehrten jeder Grundlage, sagte Zimmermann.