Dietmar Woidke hat in Brandenburg hoch gepokert – und es sieht so aus, als habe er gewonnen. Die AfD hat allerdings auch zugelegt. Die Wahl hat aber auch mehrere Verlierer.
Die Strategie ist offensichtlich aufgegangen: Die AfD oder ich – das hat Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Diemtar Woidke in den Mittelpunkt seines Wahlkampfes gestellt. Monatelang lag die AfD in Umfragen vorn – kurz vor der Wahl hatte sie noch einen knappen Vorsprung.
Dietmar Woidke hat in Brandenburg eine rasante Aufholjagd für die SPD hingelegt. Der 62-Jährige, der seit elf Jahren Ministerpräsident ist, hat die SPD nach Hochrechnungen zur stärksten Kraft vor der AfD gemacht. Das wäre auch ein Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz. Woidke kann voraussichtlich weiterregieren. Die Kehrseiten der Medaille: Die AfD ist stärker geworden, und der Zweikampf geht zulasten der CDU, der Grünen und der Linken.
Die Wahl war auch eine Abstimmung über Woidke
„Dann bin ich weg“, war der Satz, der die Wahl für Woidke zur wichtigsten politischen Entscheidung seines Lebens machte. Er hatte einen Rückzug aus der Regierung angekündigt, wenn die AfD – die der Verfassungsschutz Brandenburg als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstuft – stärkste Kraft würde. Die SPD hätte allerdings auch als zweitstärkste Kraft die Regierung bilden können, weil bisher keine andere Partei mit der AfD koalieren will.
Dank einer immensen Aufholjagd von Woidkes SPD ist die Partei stärker als vor fünf Jahren. Genossinnen und Genossen lagen sich bei der Wahlparty in den Armen. Seit 1990 stellt die SPD in Brandenburg den Regierungschef. Die Mehrheit der Brandenburgerinnen und Brandenburger wollte laut Umfragen, dass Woidke Ministerpräsident bleibt. Woidke ist das Zugpferd der SPD. Seine Partei hat trotz Olaf Scholz zugelegt: Der Trend gegen die Ampel-Regierung spielte gegen Woidke. Er machte deshalb einen Wahlkampf, der sich von dem SPD-Kanzler und der Ampel absetzt.
AfD sieht sich als Partei der Zukunft
Die AfD ist deutlich erstarkt. „Die Zukunft ist blau“, meint Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt mit Blick auf die Parteifarbe. Im Wahlkampf hat die AfD das Thema Migration in den Vordergrund gestellt und nach dem mutmaßlich islamistischen Anschlag in Solingen Hetze gegen Asylbewerber geschürt. Die AfD fordert, den Staat teilweise umzubauen und den Verfassungsschutz in der jetzigen Form abzuschaffen. Trotz guter wirtschaftlicher Werte des Landes zeigt die Wahl, dass es ein relativ großes Maß an Unzufriedenheit gibt.
„Bitterer Abend“ für die CDU
Die CDU – bisheriger Koalitionspartner – zählt zu den Verlierern der Wahl. CDU-Landeschef Jan Redmann, der eigentlich Ministerpräsident werden wollte, spricht von einem „bitteren Abend“. Noch im Juli waren SPD und CDU in Umfragen gleichauf, doch die Zuspitzung AfD oder SPD hat den Christdemokraten geschadet. Verärgert zeigte sich Redmann, dass Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer Woidke im Wahlkampf persönlich unterstützte.
Wie die künftige Regierungskoalition aussehen könnte, ist noch unklar. Die CDU kann trotz der Verluste aller Voraussicht nach aber weiter mitregieren: Sie ist Wunsch-Koalitionspartner von Woidke.
Zittern bei Grünen – Freude beim BSW
Die Grünen – ebenfalls bisher Koalitionspartner der SPD – haben unter dem Zweikampf ebenfalls gelitten, dazu kam der Gegenwind gegen die Ampel im Bund. Die Grünen sind in Brandenburg möglicherweise halbiert worden im Vergleich zur Wahl 2019.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat zufriedene Gesichter. Spitzenkandidat Robert Crumbach sprach von einem „ganz großartigen Ergebnis“. Er betonte schon vor der Wahl, dass es ihm nicht um Mitregieren um jeden Preis geht. Die neue Partei lag zwar in Umfragen höher, doch sie ist im Landtag vertreten – anders als die Linke.
Bis vor fünf Jahren war die Linke noch Regierungspartner der SPD – nun steht sie vor einem Scherbenhaufen. Fraktionschef und Spitzenkandidat Sebastian Walter sieht eine klare Ursache für das Aus im Landtag: „Wir sind zerschreddert worden von der SPD“, sagte er in der ARD. Die Linke will sich nun von unten wieder neu aufbauen.
Ein Direktmandat reicht für den Einzug in den Landtag
Für die Vereinigung BVB/Freie Wähler war der Wahlabend wie für die Grünen eine Zitterpartie. Sie lag in den Hochrechnungen zwar unter der Fünf-Prozent-Hürde, doch mit einem Direktmandat von Spitzenkandidat Péter Vida könnte sie dennoch in den Landtag einziehen – das gilt auch für die Grünen mit der Potsdamer Direktkandidatin Marie Schäffer.
Für die SPD bringt die Wahl neue Verantwortung mit sich. Sie steht vor der schwierigen Aufgabe der Regierungsbildung. Zugleich muss sie die AfD-Wählerinnen und -Wähler versuchen einzubinden, damit das Land nicht zerrissen ist.