Deutschland hat ein Abkommen zur Erneuerung der internationalen Ordnung ausgehandelt. Kanzler Scholz ist ein Hauptakteur bei der geplanten Annahme in New York – dürfte aber auch nach Potsdam schielen.
Trotz tiefgreifender politischer Differenzen sollen die 193 UN-Mitgliedsstaaten am Sonntag in New York im Beisein von Kanzler Olaf Scholz einen Reformplan einstimmig annehmen.
Bei dem zweitägigen sogenannten Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen ab 14:30 Uhr (8.30 Uhr Ortszeit) wird nach monatelangen Verhandlungen erwartet, dass auch Russland trotz einer angedrohten Blockade zustimmt.
Der Zukunftspakt wurde unter Führung Deutschlands und Namibias verhandelt. UN-Generalsekretär António Guterres hatte ambitionierte Reformen der Vereinten Nationen sowie internationaler Organisationen verlangt, um die Staatengemeinschaft angesichts vieler Krisen und Kriege handlungsfähiger und die Welt gerechter zu machen.
Scholz wird zu Beginn der Veranstaltung genauso wie Generalsekretär Guterres und der namibische Präsident Nangolo Mbumba eine Rede halten. Zuvor soll die klassische Sängerin und fünffache amerikanische Grammy-Gewinnerin Renée Fleming der Veranstaltung im großen Saal der UN-Vollversammlung am East River in Manhattan einen feierlichen Rahmen verleihen.
Schwere Verhandlungen mit einigen Lichtblicken
In dem seit Beginn des Jahres mühsam verhandelten Pakt finden sich unter anderem Absichtserklärungen für eine Reform des UN-Sicherheitsrats und Forderungen nach einer Anpassung des internationalen Finanzsystems zugunsten des sogenannten Globalen Südens. Auch ein erstes Fundament für die weltweite Regulierung von Künstlicher Intelligenz soll damit gelegt werden. Ebenso wendet sich der Text gegen ein Wettrüsten im Weltraum.
Trotz einiger Lichtblicke bleibt der vorliegende finale Text Diplomaten zufolge aber hinter Guterres‘ sehr ambitionierten Erwartungen zurück. Das zeigt sich auch darin, dass die einflussreichen Vetomächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich der bisherigen Planung zufolge nur ihre Außenminister oder gar deren Stellvertreter schicken. Bis zum Ende der Veranstaltung am Montagabend sollen aber insgesamt mehr als 120 Staats- und Regierungschefs gesprochen haben.
Russland mit Störmanöver
Bei der Arbeit am Zukunftspakt wurde vor allem Russland von Diplomatinnen und Diplomaten als Quertreiber gesehen. In einem Manöver kurz vor der geplanten Annahme forderte Moskau in einem Antrag einen zusätzlichen Absatz, der indirekt Teile der Vereinten Nationen sowie das vorliegende Abkommen selbst als überflüssig darstellte. Unter Diplomaten gilt es als unwahrscheinlich, dass Moskau daran festhalten wird.
Kanzler zwischen den Welten in New York
Bundeskanzler Scholz war bereits am Samstag in Manhattan angekommen und traf sich noch am Abend zum ersten Mal zu einem privaten Dinner mit UN-Chef Guterres im Hauptquartier der Vereinten Nationen.
Während seines bis Montagabend Ortszeit geplanten Aufenthalts in New York wird der SPD-Politiker auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und den brasilianischen Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva treffen. Es ist Scholz‘ dritte Reise als Kanzler in die US-Ostküstenmetropole.
Neben den Terminen bei den Vereinten Nationen wird auch erwartet, dass der Kanzler das Jüdische Museum in Manhattan sowie die Ausstellung eines deutschen Künstlers im Museum of Modern Art (MoMA) besucht.
Mit Spannung wird vor allem erwartet, wie sich Scholz während der Reise zu den Ergebnissen der Landtagswahl in Brandenburg verhalten wird, bei der angesichts eines drohenden Wahlsieges der AfD über die SPD auch für den Kanzler viel auf dem Spiel steht. Seine Rede beim Zukunftsgipfel will Scholz wenige Stunden vor den ersten Hochrechnungen halten.
UN-Generaldebatte ohne Kanzler – dafür mit Außenministerin
Für das am Dienstag startende größte diplomatische Treffen der Welt wird Scholz schon gar nicht mehr in der Stadt sein: Die jährlich stattfindende Generaldebatte der UN-Vollversammlung mit Reden von US-Präsident Biden, Israel Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu oder Präsident Selenskyj wird knapp eine Woche dauern – für Deutschland spricht Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne).