Berlin und Paris fordern von EU Verhandlungen mit London über Asylabkommen

Angesichts der schwierigen Flüchtlingssituation haben Deutschland und Frankreich die EU-Kommission aufgefordert, Verhandlungen über ein Asyl- und Migrationsabkommen mit Großbritannien aufzunehmen. Der Brexit habe „sehr schädliche Auswirkungen auf die Kohärenz unserer Migrationspolitik gehabt“, heißt es in einem Schreiben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und ihrem französischen Kollegen Gérald Darmanin, das der Nachrichtenagentur AFP am Samstag vorlag. Die EU-Kommission müsse deshalb „rasch einen Entwurf für ein Verhandlungsmandat“ für ein Abkommen mit Großbritannien vorlegen.

„Fehlende Bestimmungen zur Regelung des Personenverkehrs zwischen dem Vereinigten Königreich und dem Schengen-Raum tragen offensichtlich zur Dynamik der irregulären Migrationsströme bei“, betonen Faeser und Darmanin in dem Brief, der am Freitagabend an EU-Innenkommissarin Ylva Johansson verschickt wurde. Dies gefährde Menschen, welche die Route über den Ärmelkanal und die Nordsee nutzten, um nach Großbritannien zu gelangen.

Die das europäische Festland durchquerenden Migrationsrouten nach Großbritannien stünden zudem für „fast ein Drittel der illegalen Einreisen“ in den europäischen Schengen-Raum, heißt es weiter. „Der Mangel an legalen Perspektiven im Vereinigten Königreich ermutigt die Menschen unterzutauchen und stärkt die Schleusernetze.“ 

Der Amtsantritt der neuen und erklärtermaßen kooperationsbereiten britischen Regierung sei aus Sicht Deutschlands und Frankreichs ein günstiger Zeitpunkt, „um in dieser Frage konkrete Fortschritte zu erzielen“, betonten Faeser und Darmanin. Ziel ist demnach eine Vereinbarung, die „gleichermaßen Fragen der legalen Mobilität, insbesondere aus familiären und beruflichen Gründen, der Bekämpfung der irregulären Einwanderung und des Asylrechts“ angehe.

In dem Schreiben bemängeln Deutschland und Frankreich zudem, dass die bisherigen europäischen Asylvereinbarungen von anderen EU-Mitgliedstaaten nicht eingehalten würden. Dabei geht es um die sogenannten Dublin-Regeln, wonach Länder in andere EU-Staaten weitergereiste Flüchtlinge zurücknehmen müssen, wenn diese bei ihnen bereits registriert waren. Länder wie Italien an der EU-Außengrenze weigern sich seit einiger Zeit, dies zu tun, und verweisen auf ihre hohe Belastung durch neu ankommende Flüchtlinge.

„Wir bedauern jedoch, dass die Dublin-Verordnung seit nunmehr vielen Monaten von einigen Mitgliedstaaten nur selten oder gar nicht beachtet wird“, schreiben Faeser und Darmanin dazu. „Dublin-Überstellungen dürfen nicht einseitig ausgesetzt werden.“ Denn dies untergrabe das Vertrauen, das nötig sei, um die inzwischen beschlossene EU-Asylreform in den kommenden Jahren umzusetzen. „Andernfalls wird jede europäische Reform von vornherein sinn- und wirkungslos erscheinen.“