Sondierungsgespräche für ein Bündnis von CDU, BSW und SPD in Sachsen rücken näher. Im Vorfeld versuchen die potenziellen Partner, verbal abzurüsten. Am Montag gibt es das erste Treffen zu dritt.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) blickt mit Zuversicht auf die weiteren Gespräche mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und der SPD für eine gemeinsame Regierungskoalition. „Wir haben nach diesem Wahlergebnis eine große Herausforderung. Ich möchte gern, dass wir die jetzt annehmen und nicht nur über Befürchtungen reden“, sagte er im Interview mit der Chemnitzer „Freien Presse“.
Die Alternative wäre eine Minderheitsregierung. „Der Unterschied ist: Bei einer Minderheitsregierung ist man jeden Tag in Verhandlungen. Bei jedem Thema, bei jedem Gesetz, bei jedem Haushalt, bei jedem kleinen Antrag beginnt die Diskussion aufs Neue. Das bindet unglaublich viel Kraft. Deswegen ist eine Koalition immer der bessere Weg.“
Zugleich stimmte Kretschmer, der im Wahlkampf Sahra Wagenknecht heftig attackiert hatte, versöhnliche Töne an. „Unterschiedliche Wahrnehmungen voneinander können sich nur ändern, wenn man miteinander ins Gespräch kommt. Deswegen habe ich das Gespräch gesucht“, sagte er mit Blick auf eine zwischenzeitliche Begegnung mit Wagenknecht.
Unterdessen traf sich die sächsische CDU-Spitze auch mit der BSW-Führungsriege im Freistaat. „Es ist noch zu früh, um eine Prognose abzugeben, ob das Ganze gelingen kann. Aber was ich schon sagen kann: Ich habe Menschen getroffen, die aus meiner Sicht sehr seriös und sehr positiv eingestellt sind“, sagte der CDU-Landesvorsitzende und Regierungschef.
Kretschmer ging auch auf die Frage ein, ob ein Bündnis mit dem BSW fortan bundesweit ein Modell sein könnte. „Ostdeutschland ist ein Seismograph, so wie das in einer Gesellschaft auch junge Menschen sind. Vieles von dem, was wir hier erleben, wird mit einer zeitlichen Verzögerung für ganz Deutschland gelten“, sagte er. Das sehe man auch bei anderen Themen, beispielsweise beim Umgang mit dem Thema Krieg. „Der Anteil der Menschen, die auch in den alten Bundesländern der Meinung sind, es brauche mehr Diplomatie, ist bis in die Bundesregierung hinein größer geworden.“
Bundespolitische Ambitionen für den Fall eines Wahlsieges von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz im kommenden Jahr verneinte Kretschmer. „Ich war 15 Jahre in Berlin. Dieses Kapitel ist für mich auserzählt. Ich möchte Sachsen eine stabile Regierung geben und arbeite dafür, dass die nächsten fünf Jahre für unser Land erfolgreich werden.“ In Berlin müssten das andere Menschen machen. Kretschmer plädierte aber dafür, dass ein Sachse oder eine Sächsin in „erster Reihe“ in einer künftigen Bundesregierung vertreten sein müsse.
Die CDU hatte bei der Landtagswahl am 1. September mit 31,9 Prozent knapp vor der AfD (30,6 Prozent) gelegen. Das BSW kam aus dem Stand auf 11,8 Prozent. Für eine Fortsetzung der alten Koalition aus CDU, Grünen und SPD reicht es nicht mehr.