Ein besonderes Beratungsprojekt kümmert sich um Überlebende und Hinterbliebene des rassistischen Anschlags von Hanau. Diese Arbeit wurde nun untersucht.
Überlebende und Hinterbliebene des rassistischen Anschlags in Hanau benötigen laut einer Studie kontinuierliche und langfristige Beratung und Hilfe. Die Folgen der Tat vom 19. Februar 2020 seien massiv und führten zu schwersten Gewalt- und Verlusterfahrungen mit langfristigen materiellen und immateriellen Folgen, heißt es in einer in Berlin vorgestellten Studie über das Beratungsprojekt TASBAH für direkt Betroffene des Anschlags.
Die Überlebenden und Hinterbliebenen der Opfer des Anschlags müssten bei der Beantragung von existenzsichernden Leistungen, bei medizinisch-psychologischen Hilfen und der Inanspruchnahme von Angeboten und Einrichtungen der Regelversorgung entlastet werden, forderte die Berliner Sozialpsychologin Karin Mlodoch bei der Vorstellung des Zwischenberichts. Gegenstand der Untersuchung ist das Beratungsangebot Trauma-sensible aufsuchende sozialraumnahe Beratung für Attentatsbetroffene in Hanau (TASBAH).
Kampf mit Behörden
Mlodoch empfahl unter anderem, Mitarbeitende in Behörden für die besondere Situation der Betroffenen zu sensibilisieren und Ansprechpartner in Behörden und Versorgungsämtern zu benennen, die deren Anliegen koordinieren sollen. Bestehende langfristige Angebote wie das der Beratungsstelle Response Hessen müssten gestärkt werden.
Die Betroffenen müssten immer noch einen ständigen Kampf mit Ämtern und Behörden führen, um ihr Recht zu erhalten, kritisierte Heike Kleffner vom Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG). Der Verband ist Träger des Beratungsprojekts.
Am 19. Februar 2020 hatte ein deutscher Täter in Hanau neun junge Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst.
Kritik von direkt Betroffenen
Said Etris Hashemi, der den Anschlag knapp überlebte und seinen Bruder verlor, berichtete von andauernden Problemen beim Umgang mit Versorgungsämtern und Behörden. Viele Angehörige seien durch das Ausfüllen des „Papierkrams“ traumatisiert. Zudem müssten sie immer wieder beweisen, dass sie durch die Tat bleibende Schäden erlitten hätten, kritisierte er. Ähnlich äußerte sich Niculescu Paun, dessen Sohn bei dem Anschlag getötet wurde. „Unsere Nerven sind aufs Äußerste strapaziert“, sagte er über den Umgang mit staatlichen Stellen.
Der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD), der ebenso wie Hashemi von Hanau aus per Video zu der Veranstaltung in Berlin dazugeschaltet wurde, erklärte, die Angehörigen dürften mit ihren Anliegen nicht im Stich gelassen werden. Er appellierte an den Bund, die finanziellen Ressourcen dafür über einen längeren Zeitraum hinweg sicherzustellen. Das Beratungsprojekt wird vom Bundesfamilienministerium finanziert.