Stefan Raab macht mit seiner neuen Show „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab!“ da weiter, wo er vor fast zehn Jahren aufgehört hat – nicht mehr und nicht weniger.
Er hat seine alte Fernseh-Uniform angezogen: Das übergroße Hemd in Hellblau, die bollerige Jeans, die Turnschuhe, dazu trägt er sein breites Grinsen. Das Publikum im Studio in Hürth-Kalscheuren ist aufgekratzt: Da ist er wieder, der „Raabinator“, knapp zehn Jahre nachdem er seine „Fernsehschuhe an den Nagel gehängt hat“, wie er es damals etwas ungelenk ausdrückte. Heute klingt er für seine Großmaul-Verhältnisse fast bescheiden: „Da bin ich wieder, so einfach“, sagt der 57-Jährige zum Start seiner neuen Show „Du gewinnst hier nicht die Million!“.
Mittwochabend, 20.10 Uhr in Deutschland: „Alle feiern die Rückkehr des Babos“, wie die vertraute Off-Stimme mit Ironie in der Stimme verkündet, wobei: Alle, das sind in diesem Fall nur die Abonnenten des Streamingkanals RTL+. Um mit Falco, Gott hab’ ihn selig, zu sprechen: „Im TV-Funk da läuft es nicht, tja!“ RTL hat viel vor im Kampf um die digitale Hoheit in bundesdeutschen Haushalten, will mit seinem Streamingangebot Netflix, Amazon Prime, Disney Plus und Joyn Nutzer abjagen. Stefan Raab soll dabei mächtig helfen. Die entscheidende Frage: Zieht das alte Zirkuspferd noch? „Extra für Stefan ein Abo abgeschlossen“, lautet nur einer von vielen ähnlich klingenden Kommentaren auf der Instagram-Seite der neuen Raab-Show. „Ein Döner im Monat weniger essen und dann passt es doch“, kommentiert ein anderer den Abo-Preis.
Stefan Raab noch zeitgemäß 06.33Raab selbst kokettiert mit seiner Rückkehr: „Welche Tragweite hat denn mein Comeback?“ fragt er schelmisch. Er selbst sei ja „seit exakt fünf Tagen RTL-Chef“ (da unterlag er erneut im Boxkampf Regina Halmich) und habe schon konkrete Umstrukturierungspläne: den „Weichzeichner für Dieter Bohlen zu streichen“ gehört ebenso dazu wie die Nachrichtensendungen Punkt 12, Punkt 6, Punkt 7 und so weiter zu einer einzigen zusammenzulegen: „Die heißt dann Punkt 33“. Über die RTL-Reality-Darsteller Calvin Kleinen und Marco Cerullo, die er „natürlich nicht kennt“ macht er sich auch lustig: „Das sind hier die Kollegen. Die nennen sich schon Lanz und Precht von RTL“, unkt er.
Kampfansage an Ex-Sender ProSieben
Eine gute halbe Stunde lang tut Stefan Raab exakt das, was er früher schon bei „TV total“ gemacht hat: Stand-Up, Videoclips abfeuern, sich selbst beömmeln. Im linearen TV sagt sein Nachfolger auf ProSieben, Sebastian Puffpaff, zur gleichen Zeit den Satz: „Stefan und ich sind ja Freunde. Nein, wir sind Kollegen in der gleichen Branche“. Der Kollege hat ihm direkt seine alte Studioband, die Heavytones, gemopst. Der Kollege hat seine neue Show auf den gleichen Sendeplatz gesetzt, startet perfiderweise nur fünf Minuten früher. Der Kollege, so vermuten es andere Kollegen wie Jan Böhmermann, hat da eventuell noch die ein oder andere Rechnung offen.
stefan raab formate comeback 13.22
Dass er „natürlich kein Mitleid“ hat, hat Raab in Interviews gesagt. Gemeint waren damit eigentlich die Kandidaten seiner „Entertainment-Quiz-Competition-Hybrid-Show“, nicht weniger als eine „Weltneuheit“ sei seine neue Sendung, kündigte der Erfinder von Erfolgsformaten wie „Schlag den Raab“, „WOK-WM“ und „TV total Turmspringen“ an.
Nach der ersten Ausgabe von „Du gewinnst hier nicht die Million bei Strafan Raab“ lässt sich ohne viele Ausrufezeichen festhalten: Raab setzt nicht nur bei seiner Klamottenauswahl auf Altbewährtes. Statt Neuerungen ist viel Nostalgie angesagt. Die Show mit dem Kürzel #DGHNDM ist ein Mix aus „TV total“, „Schlag den Raab“ und „Wer wird Millionär?“ nur ohne Joker. „Es ist die ehrlichste Quizshow im deutschen Fernsehen“, sagt Raab und bemerkt seinen Versprecher schnell, „ach nee, wir sind ja gar nicht im Fernsehen.“
Stefan Raab ächzt und flucht
Jeweils fünf Kandidaten müssen bei den Quizfragen zeigen, dass sie im Stand-Up-Teil der Show aufgepasst haben, denn die Fragen zielen auf vorher Gezeigtes. Nur wer richtig antwortet, kommt weiter und darf in den Spielen gegen Raab antreten. Und nur, wer in allen Disziplinen gegen Raab gewinnt, landet schließlich am Ende bei der Millionenfrage. „Wer es nicht verstanden hat, der schaltet am besten um zu RTL. Ach nee, sind wir ja selber“, disst Raab erneut seinen neuen Arbeitgeber.
Stefan Raab neue Sendung 22.15Kandidat 1 schlägt sich ziemlich wacker, besiegt den äußerlich topfitten aber konditionell angeschlagenen Raab sogar bei einem Spiel, in dem es gilt, Maschendrahtzäune zu zerschneiden und hindurch zu schlüpfen. Hier ist der Moderator wieder ganz in seinem Element, stellt sinnfreie Fragen („Kann ich auch mehrere Seitenschneider benutzen?“) und flucht lautstark. Den Punktgewinn des Kandidaten kommentiert er angesäuert mit einem „Schön für dich!“ Doch schon beim nächsten Spiel behält der ehrgeizige Entertainer die Oberhand: Er hat eine bessere Wurftechnik, um Tennisbälle auf einem Bürostuhl zu platzieren. „Glaub‘ nicht, dass ich dich hier schon‘, denn du gewinnst hier nicht die Million!“, schickt er den 31-jährigen Oliver mit einem Abgesang nachhause.
Der nächste Kandidat ist Psychologe, Unternehmensberater und DJ und überwindet auch die ersten Quizhürden. Beim Spiel winkt Sören hingegen ab: „Oh, nee! Ich bin seit 17 Jahren nicht mehr Auto gefahren“. Die Aufgabe: schnödes Reifenwechseln. Raab ächzt und stöhnt. Sein Moderatoren-Spezi Elton – natürlich ist auch er wieder dabei – fühlt sich an „Geräusche, die man aus dem Hotelzimmer nebenan kennt“ erinnert. Raab ist zwar als Erster mit dem Reifenwechseln fertig, muss sich dann aber doch geschlagen geben, weil eine der Schrauben am Wagen nicht richtig fest gedreht hat. Er sucht sauer einen Schuldigen und findet ihn in Elton. Der habe ihn unnötig unter Druck gesetzt. Also auch hier: Alles wie früher. Dann erklingt eine Sirene. Die Zeit ist um. Nächste Woche darf der Kandidat weiter spielen. Überzogen wird hier nicht, das ist immerhin mal etwas Neues.
Fazit der Auftaksendung: Stefan Raab hat „wieder Bock“, das ist in jeder Minute seine neuen Show zu spüren. Er gibt gar nicht erst vor, das Show-Rad neu zu erfinden, macht das, was er am besten kann und wofür ihn seine Fans lieben. Die Frage, die es in den nächsten Monaten zu beantworten gilt: Wird das reichen?