In Deutschland richten sich die Blicke auf die Pegel der Elbe und Oder. In den Nachbarländern laufen in den Überschwemmungsgebieten die Aufräumarbeiten. Doch die Gefahr ist noch nicht gebannt.
In Sachsen steigen die Pegelstände entlang der Elbe, Brandenburg rüstet sich für ein Hochwasser an der Oder: In Dresden erreichte die Elbe am Mittwoch die Sechs-Meter-Marke. Die Elbwiesen der Landeshauptstadt sind überflutet. In den Hochwassergebieten von Polen über Tschechien bis nach Österreich geben die Behörden noch keine Entwarnung. An einigen Orten steigt das Wasser der Flüsse noch. Insgesamt kamen bislang mehr als 20 Menschen in Mittel- und Osteuropa ums Leben.
In Sachsen geht das Hochwasser bis auf die Elbe stetig zurück. Die Situation in den Flüssen entspannt sich – in Spree, Lausitzer Neiße und Schwarzer Elster werden nach Angaben des Landeshochwasserzentrums rückläufige Wasserstände beobachtet.
An den Elbepegeln erwarten die Hydrologen dagegen in den nächsten Tagen weiter einen leichten Anstieg, aber „die Richtwerte der Alarmstufe 4 werden an keinem sächsischen Elbepegel erreicht“. Stufe 3 bedeutet zum Beispiel, dass bebaute Flächen und Straßen überschwemmt werden können. Der Normalwert am Pegel Dresden beträgt 1,42 Meter.
In Brandenburg sind Krisenstäbe in Alarmbereitschaft. Menschen sind im Einsatz, um ihre Häuser vor möglichen Schäden infolge des drohenden Hochwassers an der Oder zu bewahren. Nach der Prognose des Landesamtes für Umwelt soll im kleinen Ort Ratzdorf, wo die Oder zuerst brandenburgisches Gebiet erreicht, wohl am Montag die höchste Alarmstufe 4 mit einem Wasserstand von um die 6 Meter erreicht werden.
In Bayern endete die Hochwasserlage, wie die Behörden mitteilten. Nur an einzelnen Pegeln, zum Beispiel bei der Mündung der Isar in die Donau nahe dem niederbayerischen Deggendorf, seien zwischenzeitlich noch leichte Anstiege der Stände zu erwarten.
Deutlich dramatischer ist die Lage in den Hochwassergebieten in Mittel- und Osteuropa. Nach Angaben von EU-Kommissar Janez Lenarcic waren zwei Millionen Menschen von den Überschwemmungen betroffen. „In nur wenigen Tagen fiel das Drei- bis Vierfache der durchschnittlichen monatlichen Niederschlagsmenge“, sagte der für Krisenprävention zuständige Spitzenpolitiker im Europaparlament in Straßburg. Dadurch seien Flüsse wie die Donau auf ein Niveau anstiegen, das seit einem Jahrhundert nicht mehr erreicht worden sei.
Polen
In Polen begannen die Aufräumarbeiten. In der Kleinstadt Nysa, rund 80 Kilometer von Breslau (Wroclaw) entfernt, hob der Bürgermeister die Anweisung zu Evakuierungen auf. Aus öffentlichen Gebäuden wurde das Wasser abgepumpt. Nachdem das Hochwasser der Glatzer Neiße das Kreiskrankenhaus überschwemmt hatte, eröffnete die Armee dort ein Feldlazarett. Insgesamt wurden 10.000 Soldaten in die Katastrophenregion entsandt.
Die Gefahr weiterer Überflutungen ist noch nicht gebannt: In Breslau wird die Flutwelle der Oder für Donnerstag oder Freitag erwartet – wohl niedriger als befürchtet. Der hohe Wasserstand könne aber länger anhalten als ursprünglich prognostiziert. Dies bedeutet eine große Belastung für die Deiche, die dem Wasser standhalten müssen. Beim Oderhochwasser 1997 wurde die Stadt mit 630.000 Einwohnern zu einem Drittel überschwemmt.
Tschechien
In Tschechien blickt man unweit der Grenze zu Sachsen noch mit Sorge auf die Elbe. In Usti (Aussig) sollen Barrieren und Sandsäcke das Stadtgebiet schützen. Im Osten des Landes begannen indes die Aufräumarbeiten. Vielerorts bot sich den Helfern ein Bild der Zerstörung. Schlammmassen drangen in Geschäfte, Wohnungen und Schulen ein. Die Armee kam zum Einsatz. Abgelegene Orte im Altvatergebirge wurden mit Hubschraubern aus der Luft versorgt. Es gab Berichte über erste Plünderungen.
Österreich
In Österreich fielen die Pegelstände am Mittwoch weiter. Dadurch werde „das Ausmaß der verheerenden Schäden immer sichtbarer“, sagte der stellvertretende Landeschef von Niederösterreich, Stephan Pernkopf. In dem Bundesland sind 18 Orte nach wie vor nicht zu erreichen. Einsatzkräfte sind mit Aufräumarbeiten beschäftigt.
Im öffentlichen Verkehr entspannt sich die Lage: Die wichtige Bahnstrecke von Wien Richtung München ist wieder eingeschränkt zu befahren, und in Wien sind die U-Bahnen wieder in Betrieb. Die Regierung kündigte Hochwasser-Hilfsgelder von mehr als einer Milliarde Euro für Kommunen, Privatpersonen und Unternehmen an.
Slowakei
In der Slowakei wandert die Scheitelwelle der Donau allmählich aus Bratislava flussabwärts. Die Hauptstadt ist glimpflich davongekommen. Wie die Stadtverwaltung mitteilte, erreichte der Wasserstand der Donau im Zentrum mit rund 9,70 Metern schon am Dienstag seinen Höchststand. Die am innerstädtischen Flussufer aufgestellten mobilen Schutzwände seien für einen Pegelstand von bis zu 10,13 Metern ausgelegt und hätten das aktuelle Hochwasser daher gut überstanden, sagte ein Sprecher zur Nachrichtenagentur TASR.
Italien
Nach den Prognosen der Wetterdienste wird in weiten Teilen Italiens durch den Sturm „Boris“ zumindest bis Freitag heftiger Regen bis hin zu Wolkenbrüchen erwartet. Der Meteorologe Lorenzo Tedici sagte am Mittwoch: „Wir werden mindestens 48 Stunden lang ein Unwetter erleben, das voll und ganz dem Herbst entspricht. Dieses Jahr sind die sintflutartigen Regenfälle ein wenig zu früh gekommen.“ Bei heftigen Regenfällen in der Region Apulien im Süden des Landes kam ein Feuerwehrmann ums Leben.