Katastrophenschützer sind in Habachtstellung. Wann kommt das Oder-Hochwasser und wie schlimm wird es? Krisenstäbe beraten, Sandsäcke sind griffbereit. Vorsorge wird auch für den Wahlsonntag getroffen.
Die Oder-Regionen in Brandenburg bereiten sich mit Schutzvorkehrungen auf das erwartete Hochwasser am Wochenende vor. Grund zur Panik sehen sie nicht. Krisenstäbe sind einberufen, um die Hochwasser-Entwicklung zu beobachten. Die Flüsse Elbe, Neiße und Spree sind derweil bereits über die Ufer getreten. Für Sachsen war das aktuelle Hochwasser bislang weniger dramatisch als erwartet.
Die Stadt Frankfurt (Oder) baut Schutzwände auf und hält Sandsäcke bereit, die Bürger zum Schutz ihrer Häuser abholen können. Zwei Wahllokale werden vorsorglich ins Rathaus verlegt. Das kündigte Oberbürgermeister René Wilke (parteilos) nach Beratungen des Krisenstabs an.
Oberbürgermeister: Kein Grund zur Panik
Am Sonntag, wenn in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt wird, soll ihm zufolge nach der bisherigen Prognose Alarmstufe 2 herrschen, ab Montag möglicherweise Stufe 3. Mit Blick auf die Entwicklung des Oder-Hochwassers sagte Wilke: „Es gibt keinen Grund für Panik.“ Frankfurt (Oder) habe Erfahrung mit Hochwasser.
Spundwände zum Hochwasserschutz sollen bis Donnerstagabend installiert sein, mögliche Lücken sollen mit Sandsäcken gefüllt werden, wie Wilke sagte. Es werde auch zu Verkehrseinschränkungen kommen. Die Stadtbrücke, die Frankfurt (Oder) mit dem polnischen Slubice verbindet, soll aber weiter nutzbar sein. Laut dem Hochwasser-Fachmann des Landesamtes für Umwelt, Fabian Kahl, ist erwartbar, dass für die Oderstadt auch die höchste Alarmstufe 4 erreicht wird. Die Hochwasserschutzanlagen seien aber in einem guten Zustand, sagte er.
Landkreis an Oder sieht sich gut vorbereitet
Auch der Landreis Oder-Spree sieht trotz des drohenden Hochwassers keinen Grund für große Nervosität. Eine Sprecherin sagte: „Die Lage wird ernst genommen, aber wir fühlen uns gut vorbereitet“. Grund zur „Hysterie gebe es nicht. Landrat Frank Steffen (SPD) machte sich ein Bild von der Lage im Oder-Dorf Ratzdorf – dort hielt das Landesamt für Umwelt nach bisheriger Prognose die höchste Hochwasser-Alarmstufe 4 am Sonntag für möglich.
„Wir sind personell und technisch gut ausgerüstet, um mit einer möglichen Lage klar zu kommen“, sagte der Landrat einer Mitteilung zufolge. „Aktuell haben wir keine Hinweise, dass die Deichanlagen in einem desolaten Zustand sind. Sollten doch Schadstellen auftauchen, sind wir mit Sandsäcken sofort einsatzbereit“, meine Kreisbrandmeister Christian Weiß. Am späten Donnerstagnachmittag soll zudem eine Arbeitsgruppe über die Hochwasserlage beraten.
Pegelhäuschen in Ratzdorf seit Flutkatastrophe 1997 bekannt
Im Jahr 1997 erlebte Ratzdorf, wo die Oder Deutschland erreicht, eine Hochwasser-Katastrophe, die schwere Schäden auslöste. Damals stieg der Wasserstand dort auf den Rekordwert von knapp 6,90 Meter. Das Pegelhäuschen in Ratzdorf galt seit dem Oderhochwasser 1997 auch als das bekannteste in Deutschland.
Am Dienstagnachmittag wurde der Wasserstand am Pegel Ratzdorf mit etwa 3,30 Meter angegeben, wie aus dem Pegelportal des Landes Brandenburg hervorging. Nach der Prognose soll er stetig steigen, wie hoch, war bislang nicht klar. Alarmstufe 4 – bei einem Pegelstand ab 5,90 Meter – wurde bislang für Sonntag in Ratzdorf für möglich gehalten.
Ortsvorsteher in Ratzdorf zuversichtlich: Hochwasserlage beherrschbar
„Ein Wasserstand bis 6 Meter – das wäre für uns nicht das Problem“, meinte der Ratzdorfer Ortsvorsteher Burkhard Pöthke. In dem Dorf liefen die Vorbereitungen zum Hochwasserschutz an. Eine Lücke im Deich soll mit einer Spundwand geschlossen werden, wie Pöthke sagte. Auch Sandsäcke in einem Lager seien griffbereit. „Da die Deiche ringsherum saniert sind, haben wir eigentlich ein gutes Gefühl, dass es beherrschbar ist“, sagte der Ortsvorsteher, der am Sonntag in einem Wahllokal in einer ehemaligen Schule im Einsatz ist. „Das dauert, bis das Wasser da reinläuft.“
Erste Alarmstufen für Neiße, Elbe und Spree
Angesichts steigender Wasserstände sind die Flüsse Lausitzer Neiße, Elbe und Spree in Brandenburg über die Ufer getreten. Es gilt bislang Hochwasser-Alarmstufe 1 am Pegel der Spree in Spremberg, bei Klein Bademeusel (Spree-Neiße-Kreis) und der Elbe-Stadt-Mühlberg (Kreis Elbe-Elster), wie aus dem Hochwasserportal des Landes hervorgeht.
Bei der untersten Alarmstufe 1 von insgesamt vier Stufen beginnen Gewässer übers Ufer zu treten. Tiere und Maschinen sollen aus Überschwemmungsgebieten gebracht und Hochwasserschutzanlagen überprüft werden.
Bei Stufe 3 können einzelne Grundstücke, Straßen oder Keller überflutet werden. Auch Deichläufer sind dann im Einsatz, um die Schutzanlagen zu kontrollieren. Das geht aus der Beschreibung des Umweltministeriums zu den unterschiedlichen Kategorien hervor.
Bei der höchsten Stufe 4 geht es um die Katastrophenabwehr, dazu gehört auch die Vorbereitung von Evakuierungen. Es können größere Flächen überflutet werden auch in bebauten Gebieten.