Kasachstan ist schon jetzt der wichtigste Wirtschaftspartner Deutschlands in Zentralasien. Der Kanzler sieht weiteres Potenzial.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) strebt eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der ölreichen ehemaligen Sowjetrepublik Kasachstan an. Er wolle „alles dafür tun, dass wir die Möglichkeiten verbessern für wirtschaftliche Beziehungen“, sagte Scholz bei einem Treffen mit dem kasachischen Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew in der Hauptstadt Astana. Er hob vor allem die „belastbare, präzise und kontinuierliche Zusammenarbeit“ im Rohstoff-Bereich hervor.
Öllieferungen an PCK-Raffinerie verlängert
Kasachstan ist mit einem Anteil von 11,7 Prozent der drittgrößte Öllieferant Deutschlands nach Norwegen und den USA und hat den Ausfall russischer Lieferungen an die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt nach dem Angriff auf die Ukraine teilweise kompensiert.
Am Rande des Besuchs wurde eine Verlängerung dieser Lieferungen – bisher 100.000 Tonnen Rohöl pro Monat – vereinbart. „Die Bundesregierung begrüßt die weitere Belieferung der PCK-Raffinerie über 2024 hinaus“, sagte ein Regierungssprecher dazu. „Wir danken Kasachstan für die Unterstützung.“
Tokajew: „Neues Niveau“ der Beziehungen
Tokajew sagte, der Besuch des Kanzlers werde die Beziehungen beider Länder „auf ein neues Niveau“ bringen. „Unsere bilaterale Kooperation wird im Geiste einer strategischen Partnerschaft ausgebaut.“
Während des Besuchs wurden auch Abkommen zur Kooperation der kasachischen Nationalbank mit der Bundesbank sowie zur Gründung eines Instituts für Wissenschaft und Technologie an der Deutsch-Kasachischen Universität in Almaty und einer deutschsprachigen Schule unterzeichnet.
Land mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten
Kasachstan mit seinen 20 Millionen Einwohnern ist das flächenmäßig neuntgrößte Land der Erde und Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner in der Region. Vor allem dank des Handels mit den wichtigen Nachbarn Russland und China verzeichnet das Land seit Jahren ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum.
Die Bundesregierung ist nicht nur an Öl, sondern auch an den Gasvorkommen in Kasachstan interessiert und perspektivisch an Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Das von Tokajew autoritär geführte Land verfügt aber auch über Uran, Eisenerz, Zink, Kupfer oder Gold.
Gemeinsame Pressebegegnung kurzfristig abgesagt
Wie die anderen autoritär geführten Staaten der Region steht auch Kasachstan wegen der Menschenrechtslage in der Kritik. Presse- und Meinungsfreiheit sind stark eingeschränkt. Eine ursprünglich geplante gemeinsame Pressebegegnung von Tokajew und Scholz wurde von kasachischer Seite kurzfristig abgesagt. In Usbekistan, der ersten Station des Kanzlers auf seiner dreitägigen Reise, war von vorneherein keine gemeinsame Pressebegegnung geplant.
Spagat zwischen Russland und dem Westen
Für die zentralasiatischen Staaten sind erweiterte Beziehungen mit dem Westen ein Spagat. Einerseits sind sie wirtschaftlich eng mit Russland verflochten. Andererseits betonen sie, dass sie das Sanktionsregime der westlichen Staaten gegen Russland unterstützen. Wie ernst es Kasachstan damit meint, ist aber fraglich.
Exporte von dort nach Russland sind seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine teils deutlich angestiegen. Das nährt den Verdacht, dass Unternehmen westlicher Staaten gezielt versuchen, Wirtschaftssanktionen gegen Russland auf dem Umweg über diese Länder zu umgehen. Kasachstan hat eine mehr als 7600 Kilometer lange Grenze zu Russland – eine der längsten Landgrenzen weltweit.
Scholz dringt auf Einhaltung der Sanktionen
Scholz machte bereits am Montag in Usbekistan deutlich, dass er die Umgehung der Sanktionen während seiner Reise thematisieren wolle. „Das ist für uns ein Prinzip, und wir besprechen das immer und auch immer wieder, damit wir im Interesse der Zielsetzung, die wir mit den Sanktionen verfolgen, eine gute Praxis erreichen“, sagte er.