Politisch motivierte Straftaten nehmen zu. Rheinland-Pfalz will die Befugnisse des Verfassungsschutzes schärfer fassen – und reagiert damit auf die Rechtssprechung.
Das rheinland-pfälzische Verfassungsschutzgesetz soll rechtssicher geschärft werden. „Der Verfassungsschutz ist ein fundamentaler Baustein im Bollwerk unserer Demokratie gegen die Extremisten“, sagte die SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Sabine Bätzing-Lichtenthäler in Mainz. Den Gesetzentwurf für die Novelle bringen die drei regierungstragenden Ampel-Fraktionen und die oppositionelle CDU an diesem Donnerstag gemeinsam in den Landtag ein.
FDP-Fraktionschef Philipp Fernis sagte, es gehe darum, den schärfer formulierten Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts gerecht zu werden. „Die Bedeutung des Verfassungsschutzes ist in der aktuellen politischen Lage weiterhin hoch.“ Er sei ein Frühwarnsystem bei der Erkennung und Verhinderung von Straftaten.
Der Gesetzentwurf regelt die Schwellen für die Beobachtung
Ein wesentlicher Punkt in der Novelle ist die sogenannte Beobachtungsbedürftigkeit. Dabei geht es um die Frage, wann, wie und in welchem Ausmaß der Verfassungsschutz bestimmte Bestrebungen beobachten darf, wie Bätzing-Lichtenthäler erläuterte.
Es werde künftig drei bundeseinheitliche Schwellen geben, die den Einsatz der zulässigen nachrichtendienstlichen Mittel festgelegten, ergänzte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Landtagsfraktion, Carl-Bernhard von Heusinger. Die Nachrichtenübermittlung zwischen Bund und Ländern werde nach dem Anspruch des Bundesverfassungsgerichts auch konkretisiert.
„Wir schaffen beispielsweise die Voraussetzungen dafür, dass das systematische Verbreiten von Fehlinformationen oder das systematische Betreiben von Einschüchterungen, die die öffentliche politische Willensbildung beeinträchtigen, dass dazu künftig verstärkt Beobachtung möglich wird“, erläuterte Bätzing-Lichtenthäler.
Bei systematischer Einschüchterung soll Beobachtung stärker möglich sein
Das gelte auch, wenn die freiheitlich-demokratische Grundordnung verächtlich gemacht werde oder der politischen Willensbildung nachhaltig geschadet werde. Ebenso soll einfacher gehandelt werden können, wenn das Vertrauen in staatliche Institutionen sukzessive ausgehöhlt wird oder es systematische Einschüchterungen gibt. Beispiele dafür seien Aufmärsche vor Privatwohnungen oder die symbolische Darstellung von Hinrichtungsbildern politischer Gegner, sagte Bätzing-Lichtenthäler.
Mit der Änderung des Gesetzes werde klar, dass der Rechtsstaat stärker sei als Extremisten. Vorgesehen sei auch eine Stärkung der Präventionsarbeit des Verfassungsschutzes, sagte Bätzing-Lichtenthäler.
Finanzermittlungen werden leichter
Ziel der Novelle sei es auch, die Kontrolldichte und die Transparenz bei der Fachaufsicht über die Arbeit des Verfassungsschutzes zu erhöhen. Ein Gremium des Landtags, die aus je einem Abgeordneten von SPD, CDU und den Grünen bestehende G 10-Kommission, solle stärker in die Vorabkontrolle eingebunden werden. Damit komme dem Landtag eine stärkere Rolle im Bereich des Verfassungsschutzes zu.
Diese Kommission genehmige schon jetzt die Telefonüberwachung und werde künftig auch den V-Leute-Einsatz genehmigen, sagte von Heusinger, Mitglied des Gremiums. Die Gesetzesänderung erleichtere zudem Finanzermittlungen gegen Extremisten.