Ganze Fichtenwälder hat der Borkenkäfer im Nationalpark Hunsrück-Hochwald schon vernichtet. Doch dieses Jahr hat der Schädling viel weniger Bäume befallen. Was ist der Grund?
Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald hat dieses Jahr weniger mit dem Borkenkäfer zu kämpfen als sonst. Die durch den Schädling befallene Holzmenge falle deutlich geringer aus als in den Vorjahren, teilte Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) auf eine Anfrage des fraktionslosen Landtagsabgeordneten Andreas Hartenfels mit. Ein Grund sei, dass es weniger Bestände gebe, die für einen Borkenkäferbefall gefährdet seien.
Derzeit gebe es gut 1.000 Hektar Fichte im Gebiet des Nationalparks. Viele dieser Bestände seien aber noch „sehr jungen Alters“ und daher weniger empfindlich. Bei der Gründung des Nationalparks 2015 hatte die Fichte mit noch rund 3.000 Hektar einen Anteil von rund einem Drittel gehabt. In trockenen Sommern der Vorjahre hatten sich die Borkenkäfer rasant vermehrt und ganze Fichtenwälder im Park vernichtet.
Naturdynamik schneller
„Sehr viele insbesondere der alten starken Fichten sind mittlerweile abgestorben“, sagte der Leiter des Nationalparks, Harald Egidi, der Deutschen Presse-Agentur. Man habe der Fichte als nicht heimischer Art keine günstige Prognose gegeben. Durch den Borkenkäfer vollziehe sich der Umbau im Wald aber schneller. „Der Borkenkäfer hat dazu beitragen, dass noch schneller die Wildnis kommt.“
Seit 2015 habe sich der Wildnisbereich von 25 Prozent auf 58 Prozent Ende 2023 bereits mehr als verdoppelt. Man sei guter Dinge, schon 2030 das Ziel zu erreichen, bei einem Anteil von 75 Prozent Wildniszone zu sein, sagte er.
Der Nationalpark erstreckt sich über die Hochlagen des Hunsrücks. Rund 90 Prozent der insgesamt rund 10.000 Hektar liegen in Rheinland-Pfalz, etwa 10 Prozent im Saarland.
Der geringere Befall durch Borkenkäfer gehe auch auf die kalt-nasse Witterung dieses Jahres zurück. Diese Entwicklung sehe man landesweit, nicht nur im Nationalpark, sagte Egidi. Borkenkäfer vermehren sich schneller bei Hitze und Trockenheit. An den abgestorbenen Fichten wachsen inzwischen viele junge Buchen nach.
Mehr Artenvielfalt
Mit der Zunahme der Wildnisgebiete, in die der Mensch nicht mehr eingreift, erhöhe sich die Artenvielfalt. Laut Ministerin Eder weist eine aktuelle Liste für den Nationalpark 116 Insektenarten aus, die in den roten Listen Deutschland von gefährdet bis ausgestorben aufgeführt werden, darunter die Tanzfliege Rhamphomyia cinerascens. „Das alles für uns auch überraschend“, sagte Egidi.
Zudem sehe man, dass der Nationalpark vielen gefährdeten Pilzen, Torfmoosen und Fledermäusen, aber auch der Wildkatze ein sicheres Refugium biete, sagte Egidi. Totholz sei für viele Arten ein natürlicher Lebensraum. „Mit Blick auf die Biodiversität, aber auch auf die Erkenntnisse, die man daraus ziehen kann, fängt es an, hier richtig spannend zu werden“, sagte er mit Blick auf die neu entstehenden wilden Gebiete.
Wieder mehr Rangertouren
Die Zahl der geführten Touren im Nationalpark war wegen Corona 2020 eingebrochen. Mittlerweile sei wieder ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen, teilte Eder mit. So habe es 2023 rund 700 Rangertouren (2020: rund 450) gegeben. Weitere Angebote für Touren gab es von Nationalparkführern.
Eine Besucherzählung zeige, dass sich die meisten Besucher im Umfeld der insgesamt drei Nationalpark-Tore aufhielten. Als erste Anlaufstellen für Besucher solle die Erreichbarkeit der Tore mit einem Verkehrsleitkonzept erleichtert werden, hieß es. Ziel sei außerdem, Besucher eines Tores zu einem Besuch auch der anderen Tore zu ermuntern.