Das Prahmboot im Arendsee ist ein seltener Fund. Mit aufwendiger Technik ist das Schiff jetzt am Seegrund gesichert worden. Für 2025 ist eine Hebung geplant – ein aufwendiges Unterfangen.
Die Überreste eines rund 800 Jahre alten Prahmboots im Arendsee (Altmark) sind von Archäologen und Tauchern in einwöchiger Arbeit vor dem weiteren Verfall gesichert worden. „Die Unterwasserarbeiten waren trotz teilweise widriger Umstände ein voller Erfolg“, sagte Projektleiter Sven Thomas vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt der Deutschen Presse-Agentur.
Für eine umfangreiche Dokumentation wird das Schiff Ende April 2025 komplett an die Wasseroberfläche gezogen und auf eine im See befindliche Plattform gesetzt. „Das wird das erste schwimmende mittelalterliche Schiff in Deutschland“, sagte Archäologe Thomas. So eine Aktion habe es bislang noch nicht gegeben.
Ein Prahm ist ein Transportschiff mit schlanker und flacher Rumpfform und seit der Antike bekannt. Das Boot im Arendsee besteht aus Eichenholz und stammt aus der Zeit um 1265, vermutlich aus dem nahe gelegenen Kloster.
Mittelalterliches Boot soll aus 35 Meter Tiefe geborgen werden
Das Boot liegt in 35 Meter Tiefe, was die Unterwasserarbeiten extrem aufwendig und kompliziert gestaltete. Taucher hatten mit speziellen Seilwinden das Artefakt mehrere Zentimeter vom Seeboden gehoben und vier Saugschlitten darunter gezogen. „Das bringt Mensch und Material an ihre Grenzen“, betonte Thomas. „Die Taucher arbeiten unter psychisch absolut extremen Bedingungen.“
In einer Tiefe von rund 35 Metern sei die Sicht gleich null. Jede Bewegung wirbele Sediment auf. Die Temperatur betrage in der Tiefe um fünf Grad Celsius, die Taucher nutzen spezielle Gasgemische, um möglichst lange an dem Prahm zu arbeiten. Ziel der archäologischen Arbeiten war es, den Prahm ein wenig anzuheben, um ihn auf eine Bergung im kommenden Jahr vorzubereiten.
„Das Schiff steht fest auf einem Schienensystem und ist aufgebockt. Der Wasserdruck wirkt jetzt nicht mehr nur von oben, sondern gleichmäßig von allen Seiten“, sagte Thomas. „Damit wird das Ganze entlastet, weil etwa 1000 Tonnen Wasserdruck weniger auf das Schiff einwirken.“
Anspruchsvoller Archäologie-Einsatz auf dem Seegrund
Zudem befreiten zwei Hochleistungspumpen das Schiff komplett von Sedimenten. Dabei sind weitere Funde freigelegt worden. „Offenbar verfügte der Prahm über eine eingebaute Heckplattform. Zudem waren an der oberen Bordwand robuste Flacheisen verbaut, die das Boot vor Beschädigungen schützten“, sagte der Projektleiter. „Insgesamt arbeiteten die Tauchexperten in der einen Woche rund 30 Stunden unter Wasser und absolvierten etwa 20 Tauchgänge.“
Der Prahm bleibt in diesem Zustand bis kommendes Jahr im See. Dann werden hochauflösende Kameras eine umfangreiche Dokumentation durchführen. Die Daten sind Grundlage für die weitere Forschung und die museale Nutzung. Nach Abschluss der Dokumentation wird der Prahm mit einem Spezial-Vlies abgedeckt und wieder im See, in etwa 20 Meter, abgesenkt.
Verzierungen an Bug und Heck einmalig für Binnenschiff
Das Prahmboot war 12 Meter lange und 2,50 Meter breit sowie etwa einen Meter hoch und wurde durch Ruder und Segel angetrieben. Die archäologische Einmaligkeit dieses Binnenschiffs sind seine Verzierungen mit Tierköpfen, wie Bär und Vogel an Bug und Heck. Vergleichbare Funde sind nach Angaben der Landesarchäologen bislang nur von Hochseeschiffen bekannt.
Wahrscheinlich diente der Prahm zum Transport von Bewohnern und Materialien, wie landwirtschaftlichen Gütern des Klosters. Sporttaucher hatten das Prahmboot in den 1990er Jahren entdeckt. Mit 55 Metern Tiefe gilt der Arendsee als einer der tiefsten natürlichen Seen in Norddeutschland.